Das liegt daran, dass auch nichts mit mir los war. Zwar hab ich mein Aufschiebeverhalten jetzt besser im Griff, was Sprachen lernen und Bewegung angeht, geschrieben habe ich aber noch weniger. Es war ja klar: Sobald ich mir in ernsthafter Absicht ein konkretes Ziel setze, geht meine Motivation sofort den Bach runter und ich mache gar nichts mehr für mein Ziel.
Man könnte meinen, dass irgendjemand mich zum Schreiben zwingt und ich mich dagegen aufbäume, aber so ist es nicht. Ich mache das, weil ich das will, schon immer wollte. Vielleicht habe ich ja wirklich Angst vor Erfolg? Wie kriegt man das bloß weg? Auf der einen Seite der Medaille steht der drohende Misserfolg, dass ich mal wieder etwas nicht geschafft habe, auf der anderen Seite der drohende Erfolg und die Angst vor dem Ungewissen: Was, wenn ich es schaffe und es ist dann nicht gut genug oder noch schlimmer, was wenn es gut wird?
Wie auch immer, da zwei Fernkurse im Schreiben offenbar noch nicht reichen, um einen Roman schreiben zu können und ich es auch einfach nicht schaffe, die ganzen Ratgeber auch wirklich zu lesen und davon zu profitieren, wird es eben noch ein Fernkurs werden, der sich nur mit dem Schreiben eines Romans beschäftigt. Eigentlich wollte ich damit warten bis zum Herbst, es noch mal alleine versuchen, aber ich komme jetzt einfach nicht mehr weiter. Ich stecke fest im Mittelteil, während der Anfang immer länger wird. Ich muss auch nicht alles alleine schaffen.
Ich habe mich in den letzten Wochen mehr damit beschäftigt, meine Gesundheit wieder auf Vordermann zu bringen, war bei der Krankengymnastik, hab versucht, schwedisch zu lernen, bin viel mit dem Hund gelaufen, hab Fotos gemacht, meine Facebookseite gepflegt, hab angefangen mit Malbüchern für Erwachsene (soll gegen Stress helfen), dann habe ich mein Betriebssystem neu installiert und meinen PC modernisiert, hab meine eigene Salbe hergestellt, weil ich so viele Kontaktallergien habe, nicht zu vergessen die fünf Kurse bei open2study, die ich unbedingt mitmachen musste. War das alles notwendig oder war das ein typisches Aufschiebeverhalten? Ich weiß es nicht.
Geschrieben habe ich kaum. Ich habe genau zwei Absätze geschrieben.
Einmal, als ich den neu installierten Focuswriter ausprobiert habe, für den ich mir extra viele Hintergründe aus dem Netz gesucht habe und einmal, weil ich frustriert war. Hier die beiden Texte. Dann sieht es wenigstens nicht so aus, als hätte ich gar nichts gemacht. Irgendwas habe ich auch an meiner Geschichte versucht, aber das ist so lange her, dass ich mich leider nicht mehr daran erinnern kann. 🙁
Text 1
Anfang von Irgendwas
Es gab viel zu tun, aber er konzentrierte sich nur auf nebensächliches. So würden sie es nie schaffen, das wusste sie. Also ging sie zu ihm rüber, legte ihm die Hand auf die Schulter, was ihn hochschrecken lies. Sie starrte ihm nun eindringlich direkt in die Augen und Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Dann sagte sie langsam: „Bernd, wir haben keine Zeit dafür. Geh endlich an die Arbeit.“ Hastig rannte er zurück an seinen Arbeitsplatz. Die Hälfte seiner Zettel ließ er panisch, wie er war, im Kopierer. Sie lächelte.
Text 2
Mutlosigkeit
Es hat sich nichts geändert. Mutlosigkeit ist in all den Jahren das vorherrschende Gefühl gewesen, wenn ich mir denn überhaupt meiner Gefühle bewusst war. Ich hab mir die große Veränderung gewünscht, gewartet, gehofft, gelitten und dann angefangen zu ignorieren, auszublenden und mich selbst abzulenken. Hab bewusst weggesehen und weggehört. Doch nun habe ich selbst dazu keine Kraft mehr. Ich wünsche mir immer mehr einen besseren Zufluchtsort, an dem mich das alles gar nicht mehr berührt. Weg. Auf eine Insel. Einsam im Wald leben. Weg von all dem. Nur nicht hinsehen auf die Katastrophe. Keine Infos mehr, die mich deprimieren, kein weiterer frustrierender Input. Las die anderen den Kampf kämpfen, du wirst dafür zu alt. Du hattest von Anfang an nicht die Kraft dazu. Las es einfach. Las los. Das flüstert die müde Stimme in mir. Und ich glaube ihr von Tag zu Tag mehr. Ich möchte mich einrollen wie ein Embryo und Geborgenheit spüren.
Wer sich einrollt und so liegen bleibt, schafft natürlich auch nichts. Darum freue ich mich auf den Fernkurs und auf alles, was ich da lernen werde. Am Ende des Kurses steht hoffentlich ein fertiges, lektoriertes Manuskript.