Ich hab mir nach 5 Jahren mal wieder zwei von meinen Geschichten durchgelesen. Jetzt ist der Abstand lang genug, ich wusste schon fast nicht mehr, was ich überhaupt geschrieben hatte. Es hat mich total frustriert.
Mir sind verschiedene Sachen aufgefallen. Die Helden sind keine richtigen Helden, die Bösewichte sind nicht richtig böse. Es sind zu viele Klischees enthalten, Dinge, die ich heute besser weiß. Geheimnisse werden mit langweiligen Erklärungen zerstört. Man ist enttäuscht, wenn man es schafft, bis zum Ende zu lesen. Langsam erkenne ich warum niemand eine Rezension geschrieben hat. Es hat wahrscheinlich niemand über die erste Geschichte hinaus geschafft.
Das Schlimme ist, dass es gerade gut genug geschrieben ist, dass man weiter liest, aber dann wird man von den Wendungen, Höhepunkten und Enthüllungen nur enttäuscht. Es ist so als würde ich die Spannung aufbauen und dann die Leser mit Nonsens vor den Kopf stoßen. Eins weiß ich ganz sicher: Das muss vom Markt genommen werden. Es kauft ohnehin keiner. Vermutlich gibts nicht eine einzige Person, die es geschafft hat, das alles zu lesen.
Und in zwei Geschichten hab ich auch schon zwei Fehler gefunden. Das Problem bei diesen Geschichten war, dass ich, als ich anfing, sie zu schreiben, nicht wusste, was daraus wird. So habe ich alle Aufgaben meines Fernstudiums gelöst. Ich hab einfach angefangen zu schreiben. Ich hab die Idee nicht vorher durchdacht, sondern beim Schreiben improvisiert. Das ist auch genau der Grund, warum ich noch nie einen zufriedenstellenden Roman fertig gekriegt habe.
Ich habe entweder gar nicht geplant, nur mit einer wagen Vorstellung losgeschrieben oder ich habe die Idee zu wenig durchdacht. Bei Romanen ist das noch schlimmer, aber bei den Kurzgeschichten hab ich es viel deutlicher gemerkt. Der Leser wird vor den Kopf gestoßen. Dong.
Ich enttäusche den Leser. Es ist so, als ob ich das mit Absicht mache, um Leser zu frustrieren. Es weiß ja niemand, wie es entstanden ist. Dass es Improvisation ist.
Beim Theater ist Improvisation eine Kunstform, aber wenn Laien es probieren, kann es extrem peinlich werden. Nicht, dass ich etwas über das Theater wüsste. Ich erinnere mich nur an die ganzen Shows im Fernsehen, die aus Improvisationszwang humorvolle Peinlichkeiten konstruiert haben.
Schadenfreude. Das ist das, was unsere heutige Gesellschaft am meisten unterhält. Schadenfreude und Voyeurismus. Beim Schreiben ist Improvisation tödlich für die Idee. Zumindest, wenn man noch nicht genau weiß, was man tut, was bei mir offenbar der FALL ist.
Aber immerhin. Nun weiß ich wie es geht. Mein größter Fehler beim Schreiben ist entlarvt worden. Das, was das Schreiben für mich zu einem spannenden Akt macht, für jeden Leser aber zu einem enttäuschenden schlechten Witz.
Ich hab Veröffentlichen geübt. Immerhin das. Ich werde keine Probleme haben, meinen Fantasyroman zu veröffentlichen. Den werde ich auch nicht billig anbieten, sondern angemessen. Mit Druckversion auf Demand.
Ich werde so lange daran arbeiten, bis ich damit zufrieden bin und ihn von mind. 3 Leuten Probelesen lassen. Egal, wie viele Seiten es werden. Ich wünschte nur, Kathrin würde noch leben. Ihr hätte ich den Roman zuerst zum Lesen gegeben. Und auch meine Oma war eine typische Leserin.
Meine Kurzgeschichten werde ich mir zur Strafe alle noch einmal durchlesen. Die, die es wert sind, werde ich nehmen, daraus eine dreiteilige Novelle machen und einzeln veröffentlichen. Ich hab ja auch noch welche, die nicht veröffentlicht wurden oder nur sehr kurz, die muss ich aber erst noch suchen.
Was bei mir auch unangenehm auffällt: Die Hauptfiguren sind ziellos. Sie reagieren nur auf den Alltag mit Aktionen, statt sich etwas zu wünschen, wonach sie streben können. Sie sind frustriert, aber mehr oder weniger passiv und hilflos. Und so sind Helden nicht. Kein Mensch interessiert sich für solche Menschen. Oder für das, was sie erleben.
Jetzt mal was anderes. Ich bin krank geschrieben. Normal würde ich mit einer leichten Erkältung auch arbeiten gehen, aber ich gehöre zu einer Risikogruppe. Ich hab keine Ahnung, welche subtilen Schäden die Therapie bei mir im Körper angerichtet hat. Der kürzliche Tod einer Brustkrebs-Überlebenden durch den Coronavirus hat es deutlich gemacht. Noch Jahre nach der Therapie gehört man zur Risikogruppe. Darum bin ich bis zum Ende der Woche krank geschrieben.
Nächsten Monat bekomme ich vielleicht Kurzarbeitergeld, wenn wir es schaffen, den Antrag durchzukriegen, denn das versuchen jetzt alle. 60% von dem, was ich vorher verdient habe, ist auch nicht besonders viel, denn in letzter Zeit lief es nicht gut.
Ich muss den Roman bis zum Ende der Krise fertig kriegen. Es ist eine Chance, dass ich mein eigenes Geld verdienen kann. Von zu Hause aus und mit meiner Fantasie. Das, was ich immer wollte. Also sollte ich Sachen schreiben, die Menschen emotional mitreißen.
Ich muss meine eigenen eingeschweißten Emotionen auspacken und befreien, damit ich wieder das Leben fühlen kann. Damit ich wieder so schreiben kann. Ich muss nicht weniger planen, sondern mehr planen. Aber ich muss auch schreiben, denn alles planen nützt nichts, wenn man nicht auch mal was schreibt, was man geplant hat.
Ich muss mehr für meine Ziele tun und weniger Netflix gucken.