Ich hab meine Routine von letztem Jahr wiederhergestellt. Hat ja gut funktioniert.
Also einen Ordner erstellt, Blanko-Textdateien hinein, Normseiten-Format, Nummerieren. Anstatt mehrere Ordner mit je 30 Blanko-Textdateien für jedes Kapitel, lieber einen Ordner mit 100 Blanko-Textdateien.
Jetzt schreibe ich jeden Tag ein oder zwei Mal jeweils 3-4 Seiten. Eine Szene. Man kann die Kapitel später aus mehreren Szenen zusammensetzen, wenn es sein muss. So ist es übersichtlicher. Es ist nur manchmal so, dass die Szenen nicht klar abgegrenzt sind. Aber sortieren kommt später.
Ich hatte für die Zeit in der Zwischenwelt, bevor Veronikas Heldenreise beginnt, noch keinen Plan. Dann hab ich überlegt und etwas in mein Kladdebuch gekrakelt und da fiel mir auf, dass was ich gerade mache, sind Outlines. Genau das. Was ich immer zwischendurch mache, wenn mir was Gutes einfällt. Ich schreibe es in mein Kladdebuch. Und das ist tatsächlich oft genug mein Wegweiser beim Schreiben, auch wenn ich davon wieder abweiche und eine neue Kladde mache. Aber genau das ist Outlining.
Aber die Geschichte eines Romans, der ca. 400 Seiten umfasst, in sauber und ordentlichen, detailliert aufgeschriebenen Worten vorher zu planen, das ist wahrscheinlich unmöglich. Und es ist unmöglich, sich daran zu halten. Outlines sind flexibel. Das stand irgendwo geschrieben. Wie kann es sein, dass ich etwas machen will, was ich schon lange gemacht habe und es nicht merke? Wie kann es sein, dass ich denke, so unmögliche Sachen, wie alle Inhalte vorher schon klar zu wissen, sei möglich?
Ich bin jedenfalls erleichtert, dass ich jetzt die zweite Rohfassung mit viel mehr guten Ideen im Kopf beginne, als ich jemals für möglich gehalten hätte. Aber der Anfang ist schwierig. Gelöst hatte ich schon das Problem, dass es immer länger wird und ich am Anfang plötzlich zu viel erklären will. So was will keiner lesen, vermute ich.
Was ich jetzt brauche, ist eine glaubwürdige Interaktion zwischen John und Melli und wie sie das Geheimnis dieses Ortes lösen, an dem sie gemeinsam festsitzen. Dann einen Übergang zu Veronikas Heldenreise. Das Potential ausschöpfen heißt, John und Melli bekommen ihre Aufgaben gestellt und müssen sowohl ihre eigenen Probleme, als auch die von anderen Leuten lösen.
Wie verhält man sich, wenn man in einem Ozean zu sich kommt, mit einem Weltall am Himmel, ohne Tag und Nacht, Temperatur oder Wetter. Was denkt man, wo man ist? Wie leidet man darunter, dass man keinen Boden unter den Füßen hat. Und warum ist dieser Ort überhaupt so? Wie gehen die Bewohner mit den Neuankömmlingen um? Genau das. Am Ende hole ich mir aus beiden Rohfassungen das Beste raus. Wie findet man traumatische Erinnerungen wieder, wenn der Ort, an dem man wieder zu sich kommt, ebenfalls traumatisierend ist?
Jedenfalls gehe ich mit der Gewissheit ins Bett, dass ich Outlinen kann. Ich hab es schon gemacht, ich habs bloß nicht gemerkt oder es war mir nicht gut genug oder was weiß ich. Sind das normale Anfängerfehler oder bin ich einfach nur besonders blöd?
ACHTUNG! KEINE SELBSTZWEIFEL.
Verzweiflung kommt von Selbstzweifeln. Das kann man beim Schreiben nicht gebrauchen, denn das zerstört die Motivation. Ohne Motivation keine Aktion.