Zum Teil stimmt das, zum Teil stimmt das nicht. Um eine Geschichte zu schreiben, braucht man eine Idee, Motivation und Inspiration. Zum Schreiben selbst dann auch Ruhe und Zeit. Kurze Geschichten brauchen weniger Ideen und Inspiration, lange Geschichten mehr. Das heißt, dass man bei längeren Geschichten mehr Leerlauf hat, also Zeit, in der man zwar innerlich an der Geschichte arbeitet, aber nicht schreibt. Man denkt dann über die Ideen nach.
Die Geschichte muss sich aus einzelnen Ideen entwickeln und setzt sich so langsam selbst zusammen, wie eine Assoziationskette, die mit einer einzigen Idee angefangen hat, dann immer weiter zur nächsten Idee springt, die dazu passt. Beim Versuch gleich alles aufzuschreiben, bekomme ich regelmäßig Logik-Probleme, da verschiedene Sachverhalte andere Sachverhalte bedingen, nach sich ziehen oder sich ausschließen, falls ich sie wirklich so haben will. Spätestens dann, muss ich eine Entscheidung treffen, sonst kann ich nicht weiter schreiben. Das ist überhaupt das Härteste am Schreiben: Das man Entscheidungen treffen muss.
Eine Flucht bedeutet, dass es auch einen Verfolger geben muss und dieser muss ein Motiv haben. Wenn zwei Menschen eine enge Beziehung haben sollen, dann muss es dafür auch einen Grund geben. Was schweißt sie so zusammen? Soll der Bösewicht überleben oder sterben? Stirbt er, kann er später nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden. Und so weiter. So gesehen, muss man das auswählen, was zu der ersten Idee am besten passt, bzw. was das unterstützt, was man mit dem Text ursprünglich erreichen wollte. Wenn ich ein Problem erst mal als solches erkannt habe, dauert es nicht mehr so lange, bis mir eine Lösung dazu einfällt. Doch dieses Erkennen ist ein langwieriger Prozess. Die Lösung hat dann unter Umständen wieder Auswirkungen auf alle anderen Ideen, die schon im Text drin sind. Also schreibt sich die Geschichte irgendwie selbst, weil nicht alles zur ersten Idee optimal passt. Es ist mehr eine Sache des Erkennens.
Was noch schwerer ist und dafür spricht, dass eine Geschichte sich nicht von selbst schreibt, ist die Leistung, die man erbringen muss, wenn man aus dem Flickenteppich unterschiedlicher Ideen eine Geschichte zu schreiben versucht. Ich finde es inzwischen unmöglich, eine längere Geschichte von Anfang bis zum Ende chronologisch durch zu schreiben und dann wirklich zufrieden zu sein. Einzelne Aspekte müssen genau geplant und durchgeführt werden. Schließlich lebt die Geschichte auch davon, wie etwas geschrieben wurde. Atmosphäre, Details, Emotionen.
Mit der Planung scheint man nie ganz fertig zu werden. Darum ist es besser, schon früh etwas zu schreiben. Wenn ich endlich weiß, was ich schreiben will, ist es leicht, auch zu wissen, welche Art Text ich nun brauche. Ob ich einen guten Dialog brauche, ob in dem Dialog etwas erklärt werden soll, ob etwas durch eine Szene verdeutlicht werden soll und so weiter.
Um überhaupt mal etwas zu schaffen, habe ich mir nun einen realistischen Plan gemacht. Ich schreibe jeden Monat eine geringe Anzahl an Seiten, die so in der fertigen Geschichte stehen könnten. So wenig, dass ich es auch schaffen kann. Wenn ich weiß, welche Art Text ich brauche, fällt mir das Schreiben merkwürdigerweise viel schwerer. Vermutlich bin ich selbstkritischer, wenn ich weiß, was ich durch einen Text erreichen wollte.
Kurze Texte sind halt einfacher für mich, weil ich da den Überblick nicht so schnell verliere. Außerdem ist es nicht so schlimm, wenn die Handlung sich anders entwickelt, als ich geplant hatte, da ich ja gleich noch mal einen kurzen Text schreiben kann.
Aber wenn man 400 Seiten lang etwas schreibt, was nicht so ist, wie man das geplant und gewollt hat und die eigene Idee dabei aus den Augen verliert, das ist blöd.
Wenn ich weiß, was ich bei einzelnen Szenen erreichen will, könnte ich ja auch kurze Texte nur zu dieser Szene schreiben. Outlines schreiben geht meiner Meinung nach nur bei neuen Ideen oder kleinen Ideen gut, die noch nicht voll entwickelt sind. Ich würde sonst in Gefahr geraten, 100 Seiten Outlines zu schreiben, und die Geschichte selbst würde niemals fertig werden. Und die Outlines vermutlich auch nicht.
Wichtig ist für mich aber, die Ziele nicht zu hoch zu setzen. 30 Seiten pro Monat reicht. Nicht in einem Monat, sondern in zwei Jahren will ich fertig sein. Das ist realistisch. Hoffen wir mal, dass ich die notwendige Disziplin für diese 30 Seiten aufbringen werde.