Ich kann einfach nicht aufhören

Ich kann einfach nicht aufhören, Gedanken zu denken. Ich kann nicht aufhören, mich zu beschweren, zu kritisieren oder zu jammern. Wehklagen, Tiefzeufsen, Grübeln, mir selbst etwas zuzuflüstern. Ich kann einfach nicht aufhören, Gedanken zu denken. Und eigentlich will ich das auch nicht.

Als ich auf der Reha war, hat mir die Seelsorge dort am meisten geholfen. Ich habe mich angenommen gefühlt. Ich hatte dort auch wieder Erinnerungsschübe. Dinge, über die ich nicht gerne spreche. Über die man eigentlich auch nicht sprechen kann. Sie hatte dort kleine Zettel mit Sprüchen. Man durfte sich einen ziehen, wenn man mit der Beratung fertig war. Ich habe es geschafft, fast ohne zu heulen. Dann hatte sie Urlaub in der letzten Woche und hatte den Korb mit den Zetteln vor die Tür auf den Tisch gestellt. Ich habe mich mit einer Handvoll bedient.

Ich laufe oft an den Zetteln vorbei. Sie liegen in meinem Glasschrank. Aber immer, wenn es mir besonders schlecht geht, nehme ich keinen. Ich denke immer: “Wenn Du jetzt anfängst, einen zu nehmen und der Spruch gefällt Dir nicht oder hilft Dir nicht, dann nimmst Du alle und dann sind keine mehr da, wenn Du das mal wirklich brauchst…”

Komplizierte Denkweise. Ich weiß. Letztens habe ich überlegt, ob ich meine Einstellung vielleicht doch in Frage stellen muss. Zweifele ich zu oft? Muss ich einfach auf stur stellen, jeden Mist glauben, der mir erzählt wird und Augen zu und durch? Oft ist es ja auch völlig sinnlos, gegen Irgendetwas anzukämpfen. Ich ziehe also den Zettel und darauf steht:

“Der erste Schritt zur Wahrheit ist der Zweifel, Dennis Diderot.”

Das passt. Also interpretiere ich das nun so, dass ich so, wie ich bin, in Ordnung bin. Aber Zweifel ist nur der erste Schritt zur Wahrheit. Danach muss man sich Fragen stellen und recherchieren. Man muss sich die Fragen, die man stellt, auch beantworten. Nur Zweifel allein, das reicht nicht. Was wäre das denn für ein Leben, wenn man alles in Frage stellt, aber keine Antworten sucht? Das wäre doch auch ignorant?

Also muss ich mich weiter entwickeln. Vom Zweifel über die kluge Frage zur wahrhaftigen Antwort. Das ist das, was eine Journalistin tut. Die Ausbildung dazu habe ich. Ich weiß bloß nicht, ob ich die Nerven habe, all die Antworten, die ich finden könnte, zu verkraften. Vermutlich nicht.

Artikel, die ich geplant habe, auf meinem anderen Blog (mit Recherche):

  • Arthrose durch Krebstherapie (woher kommt es, was kann man tun?)
  • FGM als sexuelle Gewalt (die widerliche Lust, Kinder zu verstümmeln)
  • Total verstrahlt (Radioaktivität als Therapie?)
  • Die richtige Einstellung bei Brustkrebs (will ich´s wirklich wissen? Ja, Nein, vielleicht…)
  • Die Idiotie der Krebstherapie (alles, was ich daran unlogisch oder unmenschlich finde)
  • Das Patientenentmündigungs-Gesetz (Wann dürfen Ärzte zwangstherapieren und lügen…?)
  • Rauchen als selbst verletzendes Risikoverhalten
  • Rauchen als Körperverletzung und Grenzverletzung
  • Vorsicht, die Kiffer kommen…
  • Hautprobleme durch Chemotherapie (was hilft, eine Recherche)
  • Hitzewallungen durch Chemotherapie (was hilft eine Recherche)
  • Gewalt durch Ärzte (was muss ich mir gefallen lassen, was nicht)
  • Warum ist Umweltschutz nicht mehr modern? (Eine Suche nach Antworten)

Und wenn ich noch mal nachschauen würde, welche ich schon angefangen habe, dann würde die Liste noch länger werden. Ich hinke meinem Plan unglaublich doll hinterher.

Die Arbeit auf der Insel schlaucht sehr, wegen der Hitze. Heute habe ich eine richtig miese rote Stelle unter der noch vorhandenen Brust, weil ich so geschwitzt habe. Ich muss also wieder das Sporttrikot unterziehen, denn das trocknet schneller und reibt nicht so auf der Haut. Und nur noch die Softshellhose. Sie fällt schon auseinander. Ich muss mal eine neue kaufen.

Auch meine Hand ist voller Stellen, die extrem nerven und nicht gut abheilen. Habs mal mit der Pilzsalbe versucht, die ich hier noch herumliegen hatte. Vielleicht hilft es ja. Kortison verschlimmert meine Gelenkschmerzen. Das lasse ich erst mal ne Weile. Wenn ich unfähig bin, es dünn aufzutragen, gibt es eben ein Verbot.

Überhaupt fehlt es mir an Disziplin. Ich habe diesen Monat wieder angefangen, viel TV zu schauen und PC-Spiele zu spielen. Gelaufen bin ich gerade mal eben so genug, aber nur, weil ich zu Fuß zum Arzt und zum Rehasport gehe. Das Hündchen wird wieder vernachlässigt. Und wenn ich mal einen Tag frei habe, dann hänge ich auch nur herum. Degeneration. Mir fehlt die Disziplin. Ich muss mir aber auch mal erlauben, mal nur zu faulenzen. Ich brauch neue Ziele.

Liste der Disziplin:

  • 12 Stunden pro Woche schreiben, lesen oder recherchieren. Am besten 4/4/4, mindestens jedoch 9 (3/3/3) oder anders aufgeteilt.
  • 1 mal pro Woche Rehasport
  • 1 mal pro Woche eine kardio-lastige DVD zu Hause
  • Mindestens 1 großer Spaziergang mit dem Hund
  • So oft es geht Qi Gong  und Tai Chi zu Hause oder irgendwo anders

Und nebenbei sollte ich mich langsam mal um die Hochzeitszeitung kümmern. Es fehlt noch so einiges.

Ich habe mir ein Buch gekauft. Es heißt: “Ich hasse meinen Krebs!”

Mal nicht Brustkrebs, sondern Lungenkrebs. Witzig ist, dass es auch dort lange Wartezeiten bei der Bestrahlung gab, weil die Maschinen mal wieder kaputt waren…

Ich recherchiere zum Thema Strahlung. Es gibt Grenzwerte für die Bevölkerung und für beruflich exponierte Personen.

  • Für die normale Bevölkerung: 1 Millisievert /mSv im Jahr (= 0,001 Grey / Gy)
  • Für beruflich exponierte Personen: 20 Millisievert/ mSv im Jahr (= 0,02 Grey / Gy)
  • Bei Brustkrebs wird bestrahlt zwischen 20 – 70 Gy insgesamt mit 1,8 – 2 Gy pro Sitzung = 20000 – 70000 mSV insgesamt oder 1800 – 2000 mSV pro Sitzung. Die Quelle dieser Info ist von 2004. Ist aber ungefähr das, was mir auch bei der Aufklärung gesagt wurde. Die Umwandlung hab ich von so einer Umwandlungsseite.

Doch für Patienten gelten die Grenzwerte nicht, denn:

1.) Patienten, besonders die mit Krebs, gehören ja nicht zur “Normalbevölkerung”. Sie sind entartet. In ihrem Leben ist so rein gar nichts mehr normal.

2.) Zitat von der Seite des Bundesamtes für Strahlenschutz:

“Medizinische Strahlenanwendungen sind von diesen Begrenzungen ausgeschlossen. Für Strahlung aus natürlichen Quellen existiert derzeit kein gesetzlicher Dosisgrenzwert.”

Das stelle ich mir gleich mal die Frage, ob Fukushima als natürliche Quelle gilt. Schließlich war der Auslöser dieser Katastrophe ja ein Erdbeben, oder? Aber das ist egal, denn die Grenzwerte bedeuten ohnehin nicht wirklich etwas, denn:

“Da es keinen Dosiswert gibt, unterhalb dessen ionisierende Strahlung mit Sicherheit kein gesundheitliches Risiko beinhaltet, besteht auch unterhalb der Grenzwerte ein gewisses, wenn auch geringes Risiko, das mit zunehmender Dosis ansteigt. Daher muss jede Strahlenexposition auch unterhalb der festgelegten Grenzwerte wenn möglich vermieden und wo dies nicht möglich ist, so gering wie möglich gehalten werden (Prinzip der Optimierung).”

Mit anderen Worten: Sicherheit gibt es beim Thema Bestrahlung nicht. Die Menschen, denen es mal geholfen hat, wissen, dass es so ist. Die anderen sind vermutlich tot und können sich nicht mehr beschweren.

Ich suche verzweifelt die Info, dass eine Stelle des Körpers nur einmal mit der Höchstdosis bestrahlt werden darf und finde es einfach nicht wieder. Auf der Seite des BFS gibt es zwar einen Hinweis auf Grenzwerte zu einer sogenannten Organdosis, aber das auszurechnen für den Brustkorb? Welche Werte liegen da zugrunde? KA.  Immerhin sind die Grenzwerte für die Augenlinse und die Haut aufgeführt. Nur wissen wir ja, dass die Grenzwerte ohnehin nichts bedeuten und für Patienten auch nicht gelten. Die dürfen total verstrahlt werden.

“Die Grenzwerte für die Organdosis für die Bevölkerung sind in § 46 (2) der Strahlenschutzverordnung festgelegt. Sie betragen 15 Millisievert für die Augenlinse und 50 Millisievert für die Haut.”

Ich suche weiter nach “Wie oft darf bestrahlt werden?” Und finde nur Beschwichtigendes, zum Beispiel von der deutschen Gesellschaft für Radioonkologie DEGRO in einem Forum von 2008. Langzeitstudien hätten bewiesen, dass man eine Stelle auch mehrmals bestrahlen kann. Die Studie, die beweist, dass Bestrahlung Krebsstammzellen produzieren kann war von 2012, also später. Auf der Seite der DEGRO direkt finde ich sonst wenig Informationen. Also nutze ich den Pressekontakt und schreibe meine Fragen dahin. Vielleicht bekomme ich ja eine Antwort, vielleicht auch nicht. Ist mir egal, aber neugierig bin ich schon. Was solls. Nee, ist mir egal. Wahrscheinlich kommt nur Geschwafel zurück oder gar nichts.

Ich suche weiter auf der Seite des BFS und finde bei den möglichen Nebenwirkungen auf der Seite “Was ist Strahlentherapie?” endlich mal die ehrliche Aussage:

“Auch die Entstehung einer zweiten Krebserkrankung (oft viele Jahre später) zählt zu den möglichen Spätfolgen einer Strahlentherapie.”

 

Und dann kommt die Aussage, die Ärzte während der Therapie gefühlte Tausendmal gesagt haben: Das “Nutzen und Risiko – Blabla”

“Weil jede Strahlentherapie zu Nebenwirkungen führen kann, muss der behandelnde Arzt im Vorfeld den Nutzen der Therapie und das Risiko für den Patienten gegeneinander abwägen.”

Ich schaue weiter auf der Seite, die Ärzten bei der Risikoanalyse helfen soll. Es gibt sogar Empfehlungen zur Risikoanalyse bei therapeutischen Strahlenanwendungen. Ich dachte Ärzte machen das völlig willkürlich.

Demnach wird das Risiko analysiert nach Schweregrad (kaum Auswirkungen bis hin zur Todesfolge), Auftretenswahrscheinlichkeit (Unwahrscheinlich bis hin zu täglich oder mehrfach) und Entdeckungswahrscheinlichkeit (sehr hoch, sehr gering). Das System der Risikobewertung setzt voraus, dass alle Beteiligten sich zu einem Brainstorming zusammen setzen, über Fehlerquellen nachdenken und darüber diskutieren.

Faktoren, die berücksichtigt werden müssen sind:

Patientenfaktoren:

  • Patientenidentität
  • Verfügbarkeit und Integrität klinischer Daten
Soweit ich weiß werden medizinische Unterlagen nur 10 Jahre aufgehoben und müssen danach sogar gelöscht werden. Dann weiß unter Umständen niemand mehr, was damals alles gemacht wurde.
Apparative Faktoren:
Es sind vier Punkte. Ich denke mal, Geräte, die andauernd kaputt gehen, zerstören irgendwie das Vertrauen in die Therapie.

Personalfaktoren:

  • Anzahl des verfügbaren Personals
  • Zeitstress
  • Ausbildungsstand
  • Einarbeitung (Praktikant, der die Bestrahlung durchführt?)
  • Kommunikation
  • Leitlinien/Standard Operating Procedures
  • Verfügbarkeit und Integrität klinischer Daten
Ich hab jetzt keine Lust mehr, mich mit dem Thema zu beschäftigen. Vielleicht mache ich morgen weiter. Dann lese ich mir das hier mal durch. Dumm, dass ich nicht auf die Uhr geschaut habe. Ich habe jetzt bestimmt schon zwei Stunden geschrieben. Naja, zumindest eine aber mit Sicherheit.