Alles reine Routine?

Es ist keine Frage, dass regelmäßiges oder zumindest häufiges Schreiben enorm wichtig ist. So gewinnt man Erfahrung und erhält mehr Ergebnisse. Manche schreiben jeden Tag mindestens 10 Minuten, andere mindestens 1000 Worte. Einige schaffen ganz sicher auch mehr. Ich habe es früher lediglich geschafft, mich mit dem Schreiben von Tagebüchern über Wasser zu halten.

Ich weiß bis heute nicht wirklich, wie man eine gesunde Schreibroutine entwickelt und gleichzeitig die Schreibziele erreicht, die man sich gesetzte hat, sprich, wie man nicht nur viel, sondern auch das Richtige schreibt.

Im Grunde wollte ich immer schreiben, aber ich habe es kaum getan. Ich hatte überhaupt keine Schreibroutine. Nicht mal, wenn ich gute Ideen hatte, notierte ich es. Das tat ich erst viel später. Aber auch die notierten Ideen benutze ich heute kaum noch. Dabei bin ich der Meinung, dass ich aus jeder meiner Ideen irgendetwas machen sollte.

Manchmal frage ich mich, wie weit ich heute schon sein könnte, wenn ich es geschafft hätte, mich an eine gesunde Schreibroutine zu gewöhnen. Wie viele Romane? Wie viele Kurzgeschichten? Wie viele Blogartikel? Leider weiß ich ganz genau, was passiert wäre. Ich hätte vielleicht eine Menge an Material, aber keine Ahnung, was ich damit tun soll oder was mir das bringt.

Was macht man mit 1000 Mal 1000 Worten? Ich kenne mich selbst. Ich würde es mir nie wieder durchlesen. Sicher übt es, aber man produziert auch unheimlich viel Datenmüll. Selbst wenn man später irgendetwas davon recyceln will, wie findet man das dann wieder, bei so vielen Daten?

Ehrlich gesagt ist die Vorstellung, jeden Tag etwas tun zu müssen, für mich ein echter Greul. Das ist auch einer der Hauptgründe, warum ich keinen Freund oder Mann habe (regelmäßiges Kochen, Aufräumen, Sex…). Ich bin auch nicht der Typ Mensch, der jeden Tag seine Lieblingsspeise essen kann. Natürlich ist Schreiben das, was ich will, aber würde ich mich jeden Tag dazu zwingen, würde mir dieses Ritual bald ziemlich zum Halse heraushängen. Ich würde die Motivation verlieren und am Ende doch weniger schaffen, nicht mehr.

So war es früher auch immer, wenn ich versucht habe, irgendetwas regelmäßig zu machen. Sprachen lernen, Sport treiben, mehr lesen, alles der gleiche Effekt. Ich reagiere sehr allergisch auf Zwang, selbst wenn ich mir den selbst geschaffen habe.

Ich muss also etwas finden, was ich machen kann, ohne dass es mich ankotzt. Eine gute Routine habe ich mir zum Beispiel mit Fernstudien angewöhnt. Erst alle Hefte lesen, dann Ordner mit beschrifteten Blanko-Dateien anlegen und die jeweilige Aufgabe aus der Lektion mit der gewünschten Anzahl an Seiten hineinschreiben und abspeichern. Wenn alles schon so vorbereitet ist, greife ich öfter mal zum Netbook, um etwas fürs Fernstudium zu tun.

Und auch die Idee mit dem Zettelkasten, der dafür sorgt, dass ich über die Woche genug von den Dingen schaffe, die ich mir jeden Tag vornehme, hat dazu geführt, dass ich unglaublich hartnäckig und kontinuierlich an diesen Zielen arbeiten konnte. Nun bin ich mit dem Fernstudium durch. 25 x am Fernkurs gearbeitet in den letzten 5 Wochen, die letzten 12 Aufgaben erledigt.

Statt gleich wieder ein neues Fernstudium anzufangen, ist nun Zeit, eines von meinen langfristigen Zielen zu erreichen: meinen ersten Roman. Nebenbei möchte ich eine längere Geschichte schreiben, die aber noch kein Roman ist, um sie einzeln zu veröffentlichen. Aber wie lang sie wird, kann ich noch nicht einschätzen. Außerdem habe ich mir vorgenommen, mehr von meinen Schreibratgebern zu lesen und die Übungen daraus zu machen. Es gibt also genug zu tun.

Bei einem Roman ist es allerdings schwieriger, als bei einem Fernstudium. Ich weiß nicht genau, worin meine Aufgabe in dem jeweiligen Kapitel besteht, weil ich die Entscheidungen erst noch treffen muss. Oder kann man das so machen? Grob aufschreiben, was in dem Kapitel vorkommen soll, für den Roman auch einzelne Dateien anlegen und die selbst gestellten Aufgaben dann abarbeiten, als wäre es ein Fernstudium? Nennt man das nicht Outlining? Ich habe jetzt schon so oft gelesen, dass man bei einem Roman auf jeden Fall mehr schreiben muss, als dann tatsächlich beim Leser ankommt. Das scheint zu stimmen.

Eines steht fest: Ich habe nur noch wenige Monate, um die Rohfassung meines ersten Romans fertig zu bekommen. Um das zu schaffen, brauche ich eine gesunde Schreibroutine. Natürlich könnte ich den Zeitpunkt beliebig weiter nach hinten schieben, aber das würde nicht mein Problem mit der Schreibroutine lösen und schon gar nicht das mit meinem Aufschiebeverhalten!

Der Termin steht also weiterhin fest: Ich schenke mir die Rohfassung zum Geburtstag! Drei Monate übrig, in denen ich mir selbst beweisen kann, dass ich eine gesunde Schreibroutine habe. Drei Monate sind immerhin 12 Wochen. Und wenn ich mit irgendetwas nicht weiter komme, kann ich mir einen Ordner mit einzelnen Dokumenten anlegen und mir die passende Übung aus meinen Schreibratgebern heraussuchen.

Also auf geht’s.