Auf und ab

Es geht mit meiner Gesundheit immer hoch und runter, Berg und Tal, auf und ab. Mal gehts mir ne Weile gut, dann tut wieder alles weh. Aber im Moment sind mir die Schmerzen egal, weil es sich nach lebendigen Schmerzen anfühlt und nicht nach “Ich kratz gleich ab”-Schmerzen. Wie auch immer, von Zeit zu Zeit fühlt es sich so an, als müsste ich alle Schmerzen, die ich in der Zeit der Therapie mal gefühlt habe, besonders bei den Operationen, immer noch mal fühlen, nur in abgeschwächter Form. Und ja, man fühlt auch was bei Operationen, zumindest danach, wenn das Schmerzmittel nicht richtig wirkt.

Meine Medikamente sind zur Zeit hauptsächlich Tee, Nahrungsergänzungsmittel und CBD-Kaugummi, sowie natürlich der Rehasport, der bald endet. Aber im Moment nehme ich gar nichts, außer Tee und pro biotisches Pulver, um die Leber, die Nieren, die Galle und die Bauchspeicheldrüse zu schonen. Ich kann halt nicht dauerhaft was nehmen, auch wenn es nur Pflanzen-Zeug ist. Bin ich einfach nur überempfindlich? Wieso muss der Fehler eigentlich immer bei mir liegen? Vielleicht merke ich es nur früher, als andere und sag früher Bescheid. Ich bleibe mehr drinnen, außer wenn ich arbeiten muss. Ich hab noch nicht das richtige Rezept gefunden, um mir gute Löwenzahnwurzel-Essenz zu kochen. Obwohl ich gerade nichts nehme, hab ich mir noch Kapuzinerkresse-Extrakt besorgt. Die neue Matratze ist mehr als gut.

In der letzten Zeit ging es mir nicht so gut. Es war so, als hätte ich den Muskelkater von all den Monaten Rehasport jetzt erst bekommen. Manchmal merke ich gar nichts und fühle mich super, dann fühlt es sich so an, als wäre ich gestern erst operiert worden. ich hab angefangen, ein wissenschaftliches Buch zu lesen: Die Krebspersönlichkeit. Dabei weiß ich schon die Antwort. Heutiger Konsens ist, dass es das nicht gibt. Aber ich dachte, ich recherchiere mal gründlicher, weil ich zu dem Thema einen Artikel schreiben wollte. Ja und meine Anti-Raucher-Artikel? Sind in Arbeit. Ich will auch was schreiben, was man lesen kann, wo bei den Leuten nicht gleich eine Abwehrhaltung entsteht. Argumente, statt Jammern auf hohem Niveau.

Immerhin habe ich heute morgen gleich meine Ideen aufgeschrieben. Das nächste kapitel ist fertig, auch wenn ich nun wieder eine Woche im Rückstand bin, weil ich es letzte Woche einfach nicht geschafft habe, dabei hatte ich die Idee da auch schon, aber nicht so ausführlich, wie heute. Und zum Glück hab ich dann früh geschrieben. Zum Glück hab ich nun Linux Mint auf meinem Netbook, das zum Glück neben dem Bett und immer aufgeladen ist. Und zum Glück startet das schnell und zum Glück hatte ich das Passwort im Kopf. Ich hab geschrieben, vor dem Frühstück, ohne Formatierung. Daher wusste ich nicht, wie lang es denn nun in der Normseite sein wird. Nun weiß ich es. Es sind viele Absätze, aber es ist trotzdem ungefähr 7 Seiten geworden:

Übung 41
John entdeckt einen Ausweg.

John stand immer noch auf der Insel, die immer größer wurde und auf der sich immer mehr Seelen sammelten, hauptsächlich Elfen. Er hatte sich ja schon daran gewöhnen können, dass es Aliens wie diese Echsenwesen gab, die seit einigen Jahrzehnten auf seinem Planeten ein- und ausgingen. Es stellte sich heraus, dass die Wesen auf anderen Planeten die ganze Zeit von der Existenz der Erde gewusst hatten. Es gab aber ein Gesetz, dass ihnen verbot, fremde Planeten zu besuchen, die noch nicht die Stufe der globalen Regierungsform erreicht hatten. Und das hatten die Regierungen vor einigen Jahrzehnten geschafft. Von da an, besuchten allerlei verschiedene Wesen die Erde, was den fremdenfeindlichen Kräften gar nicht gefiel. Also bauten diese sich ein Raumschiff und verließen die Erde, um irgendwo einen Planeten zu finden, auf dem sie ihre eigene Weltanschauung etablieren konnten. Das Schiff war aus Eisen, Aluminium, Schrottteilen und sogar Holz gebaut und brauchte Unmengen an Treibstoff. In dem großen Ofen konnten die Radikalen so ziemlich alles verbrennen. Meistens landeten sie auf unbewohnten Planeten und holzten dort den Großteil aller Wälder ab, bevor sie weiter zogen. Man munkelte aber, dass sie sogar Lebewesen in ihrem Ofen verfeuerten, um weiter voranzukommen. Es war nun Zehn Jahre her, seit dem alle Rechtsradikalen den Planeten verlassen hatten. Es gab ab und zu Gerüchte, sie würden andere Planeten überfallen, ausbeuten, alle Rohstoffe in ihrem Schiff verfeuern, sich Sklaven nehmen und dann wieder verschwinden. Sie waren zu einem gefürchteten Mythos geworden, vor dem jede Planetenregierung sich fürchtete. Sie waren Weltraumpiraten geworden.
Während John da stand, beobachtete er eine ältere Elfenseele, die sich einer jüngeren Elfenseele angenommen hatte. Der ältere Mann hatte den Arm und die Jugendliche gelegt, um sie vor dem Chaos auf der Insel zu schützen, dass jedes Mal ausbrach, wenn Nuvet Stuts und seine Männer neue Seelen auf die Insel brachte. Es war wohl seine Enkelin, die er im Arm hielt und wie Großväter das manchmal tun, erklärte er seiner Enkelin so einiges. John rutschte ein Stückchen näher und hörte aufmerksam zu, denn er wollte begreifen, was hier passierte, um einen Ausweg zu finden. Oder zumindest, um sich hier zurecht zu finden. Melli war fort, sie war in diesem merkwürdigen Unterwasserreich mit ihrem Robert, auch wenn die beiden nun Fischmenschen waren, so könnten sie doch glücklich werden, denn sie waren immerhin nicht tot. Er vermisste sie. Es war ein bohrender, immerwährender Schmerz in seinem Herzen. Eine Art peinigendes Hintergrundrauschen. Seelischer Tinnitus. Sein Herz brannte vor Schmerz, doch er wollte, dass sie glücklich war und Robert würde sich um sie kümmern, das wusste er. Er war eifersüchtig und dankbar zugleich. Die dunkle Stimme riss John aus seinen wehleidigen Gedanken.
Der Elfengroßvater erklärte: „je weniger Seelen im Wasser sind, desto weniger Strudel gibt es, das ist ein Naturgesetz. Wenn es mehr Strudel, als Seelen gibt, dann hat jemand mit Magie nachgeholfen. Die Strudel wandern in die Luft und werden zu Tornados, dort drüben sammeln sie sich“ er zeigte auf eine Sturmfront. Das Mädchen sah ängstlich aus. Der Großvater zog sie enger zu sich heran. „Keine Angst, Elvira ich bin da.“
„Was wollen die Echsen?“, fragte das Mädchen.
„Sie wollen nur Ordnung schaffen, aber ohne jemanden, der die vorhandene Magie auflösen kann, wird es keinen großen Nutzen haben.“
„Großvater, was wird passieren?“
„Nichts, Kind. Der Sturm wird kommen und alles wieder durcheinander wirbeln. Dann müssen sie von vorne anfangen und es geht für alle Zeiten so weiter.“
„Wird jemand verletzt werden?“
„Nein Kind, wird werden vielleicht voneinander getrennt, aber ich finde dich. Du musst keine Angst haben. So lange das schwarze Loch dort drüben sich uns nicht nähert, sind wir in Sicherheit.“
Das schwarze Loch stand in weiter Ferne am Himmel. Es hatte schon alles verschlungen, was sich in unmittelbarer Nähe befunden hatte, Nebel, Sterne, Planeten. John fragte sich, ob dieses Weltall der Realität entsprach. Würden die Planeten auch dort verschwinden, wo die Lebenden waren, oder nur hier? Und wo landete man dann? Er hatte während des Studiums auf der Akademie einiges über schwarze Löcher gelernt. Manche Forscher glaubten, es ließe sich mit ihrer Energie eine ganze Nation versorgen, andere glaubten, schwarze Löcher seien Wurmlöcher, die in andere Galaxien führten und wieder andere meinten, dass sich schwarze Löcher eignen würden, um eine Zeitmaschine herzustellen. Doch wie man die Energien eines schwarzen Lochs nutzte, das wusste niemand. Und Pepe Gunnar hatte es ihnen auch gar nicht beibringen wollen, da er Zeitreisen hasste.

John blickte in den Horizont. Er sehnte sich danach, diesen trostlosen und chaotischen Ort zu verlassen. Plötzlich sah er am Himmel etwas aufblitzen. Ein rundes Etwas, eine Art Tor öffnete sich mitten am Himmel, sehr weit entfernt, aber er konnte sehen, wie sich ein gläserner Pfad bildete, der direkt auf ihre Insel führte. Zwei Personen kamen aus dem Tor und liefen den gläsernen Pfad entlang, direkt auf sie zu.

„Schaut doch!“, sagte er zu dem Großvater und seiner Enkelin, „Wir bekommen Besuch, wie ist das möglich?“
Als die beiden ihre Verwunderung überwunden hatten, dass er sie ansprach, stellten sie sich an den Rand der Insel und starrten auf die Figuren, die immer näher kamen. Es war eine alte Frau und ein alter Mann. Beide hatten schon graue Haare.
„Das ist sie, ich spüre es. Die Magierin und ihr Gehilfe!“, sagte der Elfen-Großvater.

Nun wurden die anderen auf der Insel auch aufmerksam und bald starrten alle flüsternd auf die Besucher aus der anderen Welt.

Und dann fragte die Enkelin die entscheidende Frage: „Opa, können wir auch dieses Portal benutzen, um wieder in die normale Welt zu gelangen?“
„Das weiß ich nicht, mein Kind, das hat noch nie jemand gemacht!“

Nun standen die beiden Besucher direkt vor ihnen. Die Frau hatte einen traditionell verzierten Holzstab dabei.
„Das sind Elfenmagier!“, sagte der Großvater.

Alle auf der Insel starrten nun die beiden Besucher an. Anders, als das Abbild der Seelen hier, waren sie massiv und deutlich zu erkennen. Das war ein seltener Anblick und niemand konnte seine Augen von ihnen lassen. Die Frau wendete sich ihnen zu und fing an zu sprechen:

„Ich, Milva Rosenstock, werde das Gleichgewicht zwischen den Menschen und den Elfen auf unserem Planeten wieder herstellen. Ich werde die Elfen aus diesem Gefängnis befreien, damit wir unsere Kultur neu aufbauen können. Ich werde die Macht der Menschen brechen. Ich werde eine neue Elfenkönigin krönen und wir werden eine neue große Elfenstadt auf den Trümmern menschlicher Städte errichten.“

Hier hatte sie eigentlich Jubel erwartet, aber die Leute starrten sie weiterhin an. Auch ihr Begleiter starrte sie an.
„Auf den Trümmern menschlicher Städte? Wie willst du das anstellen? Du willst, dass die Geister Krieg gegen die Lebenden führen?“, fragte Zenobius „Das wäre Wahnsinn!“
Einige der anderen Elfen erkannten ihn von früher. Was war mit seinen Ohren passiert?
„Keine Angst, wir müssen keinen Krieg führen!“, Milva war froh, dass sie eine andere Lösung präsentieren konnte.
„Es wird eine Überschwemmung geben. Dadurch wird der Planet, unser Heimatplanet, dem wir endlich einen eigenen Namen geben müssen, wieder für uns bewohnbar. Die restlichen Menschen können wir dann schnell besiegen, versklaven oder töten, wie sie es mit uns getan haben oder sie dulden. Wenn es wieder mehr werden, stecken wir sie in ein Raumschiff und jagen sie fort!“

Die Menge murmelte. Die Leute sahen sie entgeistert an, besonders die Menschen. Einer von ihnen war John, der sich nun zu Wort meldete.

„Entschuldigen sie, aber ist es nicht so, dass das Ungleichgewicht durch die vielen Menschen hier in der Zwischenwelt entstanden ist? Ich meine, ich weiß ja nicht, wo wir Menschen sonst landen, aber hier gehören wir offenbar nicht hin. Ich bin nicht mal in der richtigen Zeit gelandet und offenbar ist der Planet, von dem alle hier kommen, auch nicht die Erde, mein Planet. Wenn die Überschwemmung kommt, dann landen hier noch mehr Menschen, die noch mehr Chaos anrichten, oder nicht? Und wie wollen sie das Problem Lösen, dass auch Wesen von anderen Planeten hier her kommen? Es ist kein besonders schöner Ort!“

Niemand widersprach ihm. Alle starrten nun Milva an.
„Nun, darum sind wir hier. Wir werden eine Lösung finden.“

Der Großvater sprach sie nun direkt an.
„Sie klingen nicht besonders überzeugt. Oder so, als hätten sie schon einen guten Plan. Sie sagen, sie wollen die Traditionen der Elfen wieder aufleben lassen. Aber was haben sie getan, um dieses Portal zu öffnen? Es scheint mir keine anerkannte Elfenmagie zu sein! Und wenn ich mich nicht irre, dann waren auch sie die Verursacherin der vielen zusätzlichen Wirbel. Welche Art von Kristall haben sie für diese Art der Magie verwendet? Schwarze? Rote? Elfen benutzen diese Kristalle nicht! Das ist gegen unsere Tradition. Und was gibt ihnen das Recht, eine Königin zu krönen? Das macht der Ältestenrat. Keine Magierin ist dazu berechtigt!“

„Nun, es gibt keinen Ältestenrat mehr. Die Elfen sind fast ausgerottet. Fast alle sind hier. Die große Elfenbibliothek wurde von den Menschen zerstört und ich habe versucht, zu retten, was zu retten war. Das kann mir niemand vorwerfen.“

„Aber um jeden Preis?“, fragte jemand aus der Gruppe.

„Die Menschen sind grausame Wesen. Das wissen die meisten hier, denn sie wurden von ihnen verfolgt, gefoltert, getötet und manchmal sogar nach ihrem Tod von ihnen aufgefressen. Ich musste etwas tun. Zenobius und ich, Milva Rosenstock, sind fast die letzten. Es gibt nur noch wenige andere, die ihre wahre Identität vertuschen und die Königin, die bewusstlos in einem Dämmerzustand verharrt, den ich nicht auflösen konnte, ohne hierher zu kommen.“

Man hörte nun Rufe der Zustimmung. Die Menschen auf der Insel bildeten eine ängstliche Gruppe und zogen sich in eine Ecke der Insel zurück. Nur John nicht. Er überlegte, ob er diese Glasbrücke benutzen könnte. Wenn niemand hinsah. Vielleicht passierte nichts. Vielleicht würde er sich so für immer selbst zerstören und sogar seine Seele verlieren. Er musste sich entscheiden, was er besser ertragen konnte.

„Wo ist den deine Königin? Wer ist sie?“, wollten die Leute nun wissen. In dem Moment kamen zwei Wölfe die Glastreppe herunter gelaufen.

Die weiße Wölfin sah lebendig und gesund aus, der graue Wolf humpelte hinter ihr her. Seine Augen waren trüb und sein Kopf gedankenleer. Dann fühlte er, wie sich etwas aus ihm heraus löste und ins Wasser fiel. Er erkannte plötzlich, dass er nicht hier sein sollte, und rannte den ganzen Weg zurück, um durch das Portal wieder in die reale Welt zu springen.

Katharina jedoch spürte die Macht eines Kristalls. Und sie spürte auch die Macht ihrer Vorfahren. Sie konnte hier wieder ihre eigenen Gedanken denken. Sie spürte, dass sie den Körper der Wölfin nun verlassen konnte. Oder aber die beiden würden für immer miteinander verbunden sein. Sie trat aus dem Körper heraus, so dass alle anderen sie sehen konnten. Auch die weiße Wölfin war nun wieder ganz sie selbst und rannte, so schnell sie konnte wieder durch das Portal davon. Dort angekommen, fanden die beiden Wölfe sich in einer Höhle wieder, aus der sie verzweifelt einen Ausgang suchten. Noch wussten sie nicht, dass ihnen das ihr Leben retten würde.

Auf der Insel staunte man nicht schlecht über den Auftritt, den Katharina hingelegt hatte. Auch Milva staunte. In der Wölfin war sie. Natürlich. Auch Zenobius griff sich an den Kopf. Hatte sie nicht für ihn getanzt? Was war er für ein Narr gewesen. Beinahe hätte er sie geschlachtet!

Milva hatte ihre Sinne zuerst wieder geordnet.

„Darf ich vorstellen: Katharina, meine Urenkelin und die neue Königin der Elfen!“

Nun jubelten sie alle. Es schient entschieden. Der Großvater hatte seine Zweifel.

„Wenn die Zeit reif ist, werde ich euch hier wieder raus führen. Wir werden uns sowohl ein neues Elfenreich, als auch ein neues traditionelles Todenreich aufbauen, was unabhängig von den Echsen funktioniert. Nur für uns Elfen!“

Der Jubel wurde lauter. Zenobius wusste zwar nicht, was Milva geplant hatte. Ja, er glaubte, dass ihr noch ein konkreter Plan fehlte, aber eines stand fest, sie hatte die Unterstützung ihres Volkes sicher. Katharina wurde von ihren Untertanen in die Luft gehoben und gefeiert. Alle lachten. Außer das Häufchen Menschen, dass sich in einer Ecke der Insel gesammelt hatte. John erkannte nun, dass sie alle aus einer anderen Zeit sein mussten. Sie waren aus seiner Zeit, weil Pepe Gunnar die Störung verursacht hatte. Keine Menschen aus deren Zeit würden jemals hier landen, nur Menschen aus seiner Zeit. Die Menschen, die Pepe Gunnar umgebracht hatte. Er erkannte seine Kommilitonen wieder. Niemand achtete auf sie. John nutzte die Gelegenheit, um die Glasbrücke zu betreten. Er fand Halt darauf. Der einzige Weg, hier wegzukommen, war dieses Portal. Er winkte die anderen Menschen zu sich. Und während die Elfen den Untergang der Menschheit auf ihrem Planeten und die Krönung einer neuen Königin feierten, schlichen die Studenten der Zeitreiseakademie eine magische Glasbrücke hoch zu einem Portal in eine Welt, die sie nicht kannten.

Dort in der Höhle standen sie dann alle und schauten durch die magische Barriere, die Milva erschaffen hatte, durch die der mächtige Sturm, den sie heraufbeschworen hatte, nicht hindurch kam, und gegen die der Regen prasselte. Sie schauten auf die fremde Welt, die nicht ihr Heimatplanet war. Es war der Fischmenschenplanet. Mellis Planet. Das wusste John sofort. Über Jahrhunderte, vielleicht Jahrtausende waren hier Landmassen entstanden, die besiedelt worden waren. Die Wälder waren dünn und die Meere voller Müll. Fast genau wie auf der Erde, hatten die wenigen Menschen hier alles ausgebeutet, unterworfen und zerstört. John ertappte sich bei dem Gedanken, Milva recht zu geben. Menschen waren grausame Wesen, die alles zerstörten und hier in diesem Moment wünschte er sich, er wäre irgendetwas anderes, nur kein gewöhnlicher Mensch. Er wollte nicht mehr dazu gehören. Er wollte zu einer Gruppe Lebewesen gehören, die alles wieder in Ordnung brachten, statt alles zu zerstören. Das war der Sinn und Zweck, warum er überhaupt auf die Zeitreiseakademie gegangen war. Er wusste, dass die anderen das Gleiche dachten. Und sie schauten zu, wie die Ufer überschwemmt wurden und Tiere und Menschen jämmerlich ertranken. Häuser wurden von Tornados auseinandergerissen, Schiffe knallten auf Klippen. Es war fürchterlich. Und unten in den dunklen Gängen der Höhle begannen die beiden Wölfe ein markerschütterndes Geheul.

 

Ich hab übrigens meine Fitness-Uhr mit gewaschen. Somit war das dieses Jahr nun schon die dritte oder vierte Batterie. Hab sie auf die kleine Heizung gelegt und getrocknet. Jetzt funktioniert sie wieder, zeigt aber die falsche Uhrzeit an.

Ich muss aufhören, über Krebs zu reden. Jeder, der hört, dass ich bestimmte Teile der Therapie abgelehnt habe, denkt sofort, ich bin des Todes oder total bekloppt. Das macht man einfach nicht. Wie kann man nur? Dass man genauso gut des Todes sein kann, wenn man alles mitmacht, das vergessen die meisten Leute.

Wieso hat sich die Welt zu so einer Müllhalde entwickelt?

Foto von Catherine Sheila von Pexels

Früher hab ich mir immer vorstellen können, ich würde irgendwann auf einer einsamen Insel leben und dort meine Bücher schreiben, Freundschaften mit den Inselbewohnern schließen, im Einklang mit der Natur leben und meine Ruhe haben können. In Wirklichkeit wollte ich gar nicht so weit weg. Ich denke heute, dass das meine tägliche Tagtraum-Meditation war, durch die ich Stress abbauen konnte. Meine innere Insel. Der Ruhepol in meiner Seele. Heute kann ich mir das nicht mehr vorstellen, ohne dass in meinem Tagtraum ertrunkene Flüchtlinge an Land gespült werden, ohne dass ein Ölteppich den Strand verschmutzt, ohne dass radioaktiv verseuchte Bereiche auf der Insel auftauchen oder Tiere, die mit Plastik-Müll umwickelt sind, am Strand entlang kriechen. Die Menschheit hat mir den inneren Ruhepol genommen und ich bin ein Teil davon. Aber mir wurden die Augen geöffnet und nun kann ich sehen.

Foto von Catherine Sheila von Pexels

Es ist niemandem egal. Der Mensch ist einfach ein Wesen, dass gerne alles verdrängt, alles, was ihn stört oder ängstigt. Statt die Ursachen von Krebs zu bekämpfen, wozu nachgewiesenermaßen auch Mikroplastik gehört, wird immer nur der Krebs bekämpft.

Ob der Mensch selbst dabei mit drauf geht, ist Nebensache, denn das nennt man Kampf. Es ist genauso wie früher mit dem Senfgas. Krebs tot, Mensch tot, aber die Leute jubeln trotzdem. Wer nicht alles macht, was der Arzt sagt, der kämpft nicht und hat darum auch den Tod verdient. Das mag vielleicht niemand sagen, aber man kann die Gedanken in den Gesichtern der Leute sehen. Da nützt es auch nichts, wenn das CT ohne Befund war und ich versichere, dass es mir gut geht. Ein Mensch, der keine Therapie macht, oder etwas davon ablehnt, der ist lebensmüde und hat nach Meinung der meisten Menschen nicht mal gekämpft.

Aber ich empfinde das ganz anders. Nicht mit dem Strom zu schwimmen, ist nämlich viel schwerer, als sich einfach treiben zu lassen. Ich kämpfe jeden Tag. Ich habe auch jeden einzelnen tag während der Therapie gekämpft. Und davor: Damit ich bestimmte Medikamente nicht bekomme, aber das ging nicht, weil, es gegen die Leitlinie war. Ich habe um die Erhaltung meiner Brust gekämpft, aber auch dabei wollten mir die Ärzte einfach nicht helfen. Ich kämpfe immer noch jeden Tag gegen meine Mutlosigkeit, gegen Vorurteile, gegen die Ignoranz und den ganzen Dreck, der um uns herum passiert. Ich kämpfe darum, Ziele zu haben, anstatt immer wieder nur ins Krankenhaus zu gehen und etwas zu wiederholen, was schon einmal nach hinten losgegangen ist. Krebsmedikamente, die wieder Krebs auslösen. Wie kann man darauf kommen, dass das hilfreich sei? Warum wundert man sich da noch über die ganzen Rückfälle? Die Menschen werden immer dümmer, ignoranter und verschlagener.

Und dann lese ich so Sachen wie, Cyclophosphamat ist ein Derivat von Senfgas. Ganz toll. Das Zeug, was ich bekommen habe ist ein Derivat eines chemischen Kampfstoffes. Da kommt Freude auf.

“ZITAT:(…) Die Erfahrungen mit der die Zellteilung hemmenden Wirkung von Senfgas führten dazu, dass nach dem Ersten Weltkrieg die ersten Zytostatika auf der Basis von Stickstofflost entwickelt und in der Krebstherapie eingesetzt wurden. Allerdings waren die originalen Kampfgase für die medizinische Verwendung noch viel zu giftig. Beispiele für erfolgreiche Krebsmedikamente auf Lost-Basis sind Cyclophosphamid, Ifosfamid und Chlorambucil.

Wie wäre es, wenn man einfach mal stärker gegen die Ursachen kämpft, anstatt die Krebskranken, welche die Opfer dieser Ignoranz sind, während der Krebstherapie mit dem Krebs und mit den Nebenwirkungen der Therapie kämpfen zu lassen? Aber weißt Du was? Hauptsache das gibt vielen Menschen Arbeit. Hauptsache, es hält die Wirtschaft am Laufen. Irgendwann, und das wird nicht mehr so lange dauern, das schwöre ich, haben wir alle Krebs. Wenn jeder Krebs hat, dann redet auch keiner mehr über so dämliche Konzepte wie die Krebspersönlichkeit. Dann heißt es hoffentlich nicht mehr, der Patient muss gegen den krebs kämpfen. Dann heißt es hoffentlich, wir bekämpfen endlich die Ursachen.

Wie auch immer. Ignorieren kann ich auch ganz gut. Also schreibe ich weiter meine Geschichte und fange an Klavier zu lernen. Das wollte ich schon immer, also mache ich es jetzt. Außerdem überlege ich ein weiteres Fernstudium zu machen und zwar zum Thema Phytotherapie. Das könnte noch mal sehr nützlich werden.

 

Übung 42 (vom 16.10.2019)

Der Sturm
Nona erreichte die Mine gerade in dem Moment, als die Wölfe zu ihrem Geheul anstimmten. Auch der Wind heulte durch die Gänge der Mine und vielleicht antworteten die Tiere einfach darauf. Aber wie kamen Landtiere in diese Mine? Hatten sie sich dort Schutz gesucht? Würde diese Miene nicht auch überschwemmt werden? Waren diese Tiere in Veronikas Nähe gelangt? Ängstlich schaute sie sich um. Sollte sie zurückgehen, um Veronika zu beschützen? Aber ohne ihren Vater zurückkehren? Nein. Sie hatte erlebt, wie wichtig Veronika ihr Vater war. Also kletterte sie das letzte Stück aus dem Schacht heraus und trat nach draußen.

Der Himmel war dunkelgrau und zwischen der dichten Wolkendecke blitzte es alle paar Sekunden. Dabei wurden die Blitze immer länger und mächtiger. Am Horizont war zu sehen, wie alle Wirbelstürme sich zu einem Megasturm vereinten. Es war genau dort, über der kleinen Stadt, die sie Syuven nannten. Der gigantische Wirbelsturm würde diese Stadt vermutlich einfach überrollen und auslöschen. Wenn Veronikas Vater dorthin gegangen war, dann würde Nona ihm nicht mehr viel helfen können. Sie konnte nur da sein, um seine Seele einzusammeln.

Der Vorplatz der Mine sah verlassen aus. Die meisten Zelte waren abgebaut, die wertvollen Steine und Kristalle aus der Karre waren fort, auch waren keine Arbeiter mehr zu sehen. Das Feuer war erloschen. Nona betrat das einzige übrig gebliebene Zelt.

Da saßen sie. Kinder. Zusammengekauert, ängstlich. Es waren Vier Menschenkinder, drei Echsen und zwei Elfen. Die Menschenkinder waren jugendliche Mädchen. Dünn und unterernährt, doch die Arme so muskulös wie die der Arbeiter. Eine war komplett mit dunkler Haut und Haaren wie Noona, nur nicht so blau. Das hatte Nona auf diesem Planeten noch nie gesehen. Die anderen waren Blond, brünett und rothaarig und so weiß wie Schnee, aber schmutzig waren sie alle. Die Echsen waren gut genährt, denn sie hatten vermutlich gelernt, sich ihre Nahrung selbst zu suchen. Aber auch sie sahen nicht glücklich aus. Es waren zwei Mädchen und ein Junge. Da war etwas in ihren Echsengesichtern, was sie unendlich traurig aussehen ließ. Sie waren vielleicht gerade mal so alt wie Veronika. Und die Elfenkinder, das waren die kleinsten. Kleinkinder waren sie mit traurigen Gesichtern und Narben und Verletzungen, bei denen man sich fragte, wer tut so niedlichen Kindern so etwas an? Ein Junge und ein Mädchen, die sich ängstlich an der Hand hielten. Geschwister waren es sicher. Sie alle starrten Noona ängstlich an. Da es draußen fast genauso dunkel war wie in der Mine, war ihre Haut leuchtend geblieben.

„Wer seid ihr?“, fragte Noona schließlich.
Die mit der schwarzen Haut antwortete ihr. Sie schien die mutigste, die kräftigste und wohl auch die älteste zu sein. Das Anderssein von Noona konnte sie offensichtlich nicht erschrecken.
„Wir sind die Arbeitskolonne aus dem Kinderheim.“
Noona begriff es nicht. Sie starrte die Kinder an, die sie wiederum anstarrten.
„Ich bin Afra“, sagte die mit der schwarzen Haut und zeigte dann auf die rothaarige, die blonde und die Brünette, „das sind Ruby, Saula und Frieda. Die Echsen heißen Vaschel, Zizzla und Rizzy und unsere kleinen heißen Manuel und Mimmi.“
„Ich bin Noona. Meine Freundin Veronika arbeitete auch in der Mine, um ihrem Vater zu helfen. Dem gehört die Mine. Seid ihr mit den Arbeitern verwandt?“
Afra schüttelte den Kopf.
„Das Kinderheim bezahlt so unser Essen. Aber ich glaube nicht, dass sie uns noch mal hier abholen.“
„Das glaube ich auch nicht“, sagte Noona, „es gibt einen großen Sturm. Jeder muss sich in Sicherheit bringen. Viele Städte der Menschen werden zerstört werden. Es wird der schlimmste Sturm aller Zeiten. Das sagt mein König und er weiß alles.“
„Was bist du?“, fragte Mimmi.
„Bist du ein Geist?“, fragte ihr Bruder Manuel.
„Ich bin eine Noona. Ich lebe normalerweise unten im Ozean mit meinen Geschwistern und meinem König.“
„Können wir dort auch hin?“, fragte Saula.
„Nur wenn ihr tot seid und ich eure Seelen einfange und zu meinem König bringe. Dann werdet ihr alle zu Noonas und wir werden dann Geschwister.“
Ruby weinte. Ihre Ohren sahen verstümmelt aus.
„Ich will nicht sterben!“, schluchzte sie. Noona konnte sich nicht vorstellen, was diese Kinder alles schon erlebt hatten.
„Ich werde euch retten!“, versprach sie ihnen. Und sie sah, wie die Verzweiflung in den Gesichtern der Kinder der Erleichterung wich. Dann aber erinnerte sie sich daran, warum sie hier war.
„Ich suche den Besitzer der Mine. Wisst ihr, wo er sich befindet?“
Wieder fing Afra an zu reden:
„Als er uns hierher brachte, gab es Streit mit einem der Arbeitern und mit den Frauen, besonders den Echsenfrauen. Sie warfen ihm vor, Kinder zu versklaven und der große Mann prügelte sich mit ihm. Uns sagte man, wir sollten ruhig sein und hier den Sturm abwarten, dann wollten sie uns holen. Sie schlugen ihn zusammen und schleiften seinen Körper hinter die Mine. Vielleicht ist er tot. Ich weiß es nicht.“
Nun meldete sich Ruby wieder Wort, während sie sich ihre Tränen abwischte:
„Er war ein Elf. Ich weiß das. Der lange Typ war ein Elf. Er hat sich auch die Ohren abgeschnitten. Er hat die Kleinen gesehen und dann drehte er durch. Mir haben meine Eltern die Ohren verstümmelt, bevor sie mich ins Kinderheim brachten. Sie dachten, ich wäre da in Sicherheit. Kurz darauf wurden sie alle getötet. Meine ganze Familie. Wie sinnlos. Man sieht es dann doch trotzdem, dass ich elfisch bin, oder?“
Sie zeigte auf ihre Ohren. Die anderen Kinder schüttelten den Kopf.
„Ich wusste es nicht“, sagte Saula. Nun strich sie mit ihrer Hand durch ihr blondes, lockiges Haar und ihre Ohren kamen zum Vorschein. Es waren herunterhängende Schweineohren, wodurch sie vermutlich diesen Namen bekommen hatte.
Noona bekam Angst. Zwar war sie der gleichen Meinung, dass man Kinder nicht für so gefährliche Arbeiten missbrauchen sollte, anderseits hatte Veronika freiwillig in der Mine gearbeitet, zusammen mit ihrem Vater. Ohne ihren Vater konnte Noona nicht zu ihr zurückkehren. Und wo waren die Kinder in Sicherheit? Hier vor der Mine in diesem wackeligen Zelt bestimmt nicht.
„Wartet hier. Ich schau mal nach“
Noona lief hinter die Mine. Da lagen eine Menge Spitzhacken und wertlose Steinbrocken auf einem Haufen. Aus dem Steinhaufen ragte eine Hand. Veronikas Vater schien tot zu sein und Noona war nicht hier gewesen, um seine Seele einzufangen! Schlimmer konnte es gar nicht kommen. Doch es kam schlimmer.

Es fing an zu regnen. Die Hand zuckte. Er lebte unter dem Haufen Steine sogar noch! Aber als Noona mit dem Regen in Berührung kam, verwandelte sie sich zurück. Ihre Beine bildeten sich zurück und ihre Flosse fing an zu wachsen. So schnell sie konnte, rannte sie ins Zelt. Dort angekommen, fiel sie auf den Boden. Die Kinder starrten sie erschrocken an.
„Ihr müsst ihm helfen!“, rief sie ihnen zu, „ich kann es nicht mehr, ich verwandele mich!“
„Was sollen wir tun? Wir müssen doch hierbleiben wegen dem Sturm!“, rief Ruby, die sichtlich kein Interesse daran hatte, ihrem Sklaventreiber zu helfen.
„Nein, hierbleiben könnt ihr nicht, zu gefährlich. Er liegt unter den Steinen und er lebt noch. Grabt ihn frei und dann müssen wir alle in die Mine. Da ist eine Höhle, wo wir alle in Sicherheit sind. Eine von Euch muss mich tragen, ich kann nicht mehr laufen. Die anderen müssen ihn tragen, den ganzen Weg. Es wird schwer, denn wir müssen ihn durch den schmalen Gang zerren. Bitte, ihr müsst mir vertrauen. Seine Tochter wartet dort unten auf ihn!“

Die älteren Mädchen und die Echsenkinder rannten los. Die kleinen Elfenkinder, Manuel und Mimmi, nahmen Noona in ihre Mitte, denn sie waren ungefähr gleich groß. Sie gingen zusammen in die Mine, wo sie auf die anderen warteten.
Der Regen wurde immer schlimmer und bildete schon große Pfützen vor der Miene, aus denen sich kleine Bachläufe lösten, die alle in die Mine führten.
„Es wird alles überschwemmt“, dachte Noona laut.
„Dann ist es nicht sicher“, sagte Mimmi ängstlich.
„Ich bin kein Fisch wie du!“, protestierte Manuel, „Wir sind alle kein Fisch!“
„Ja, genau, wir werden dann ertrinken und du bist Schuld!“, schimpfte Mimmi.
Noona wusste, dass die Kleinen recht hatten. Sie konnte sie nicht alle in Gefahr bringen. Sie hatte nicht genug Seelenbehälter dabei. Und ihre Tasche mit der einen Flasche lag ohnehin unten bei Veronika. Sie musste erst diese Kinder und Veronikas Vater in Sicherheit bringen. Dann konnte sie zurück, um Veronika zu retten. Hoffentlich war es dann nicht schon zu spät. Endlich kamen die Kinder, die den schweren Bergmann zusammen in die Mine trugen. Jeweils zwei der Mädchen, Afra mit Ruby und Saula mit Frieda, hielten einen Arm, die Echsenmädchen Zissla und Rizzy hielten zusammen ein Bein, der Echsenjunge Vaschel alleine ein Bein.
„Planänderung. Wir können nicht nach unten, wir müssen nach oben!“
Noona fragte sich, wie sie Veronika jetzt noch helfen konnte. Die Gruppe folgte nun einem Schacht, den die Menschen ebenfalls aufgegeben hatten, da dort keine Kristalle oder wertvolle Metalle zu finden waren. Dieser Schacht war breit genug und führte nach oben. Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte der Schacht einfach auf, aber da war ein kleines Loch im Felsen, durch das man in einen schmaleren Schacht schauen konnte, der offenbar nicht von Bergmenschen gegraben worden war. Und hinten im Gang leuchtete etwas auf magische Weise. Noona spürte, dass sie noch nicht hoch genug waren. Außerdem war sie neugierig auf dieses Licht.
„Legt ihn ab.“, sagte sie.
„Ein paar von euch müssen zurück und Spitzhacken holen. Wir schlagen hier das Loch größer, damit wir weiter nach oben können.“
„Und wenn draußen schon alles überschwemmt ist?“, fragte Afra.
„So schnell geht das nicht. Immerhin ist das ein Gebirge. Es wird erst ganz zum Schluss überschwemmt und der Sturm hat uns noch nicht erreicht. Es müsste sicher sein.“
„Ich gehe allein.“, kündigte Afra an.
„Nein, ich helfe dir. Ich kann auch viel tragen“, sagte Saula, die außergewöhnlich stark und groß war, trotz ihrer dünnen Arme und Beine.
Während die beiden weg waren, beobachtete Noona das entfernte Licht im Schacht. Es schien sich zu bewegen. Ein Lebewesen? Vielleicht eine andere Noona?
„Hallo, hallo?“, rief Noona. Sie hatte ganz vergessen, wie Noonas eigentlich miteinander kommunizieren. Mit Gedankenübertragung. Also sendete sie dem Licht ihre Gedanken.
„Notfall, brauchen Hilfe. Bin Noona. Habe Kinder und Verletzte hier. Bitte komm und hilf!“
Das Licht bewegte sich einige Sekunden nicht mehr. Doch dann kam es tatsächlich näher. Noona hatte aber keine Antwort erhalten, daher trat sie einige Schritte von der Felswand zurück. Das Licht kam immer näher und erleuchtete den Schacht, in dem sie standen. Je näher es kam, desto merkwürdiger waren die Geräusche, die es machte. Klick, klack, dann ein beruhigendes Surren, dann wieder Klick, klack.
Afra und Saula waren inzwischen mit den Spitzhacken zurück. Überrascht durch das helle, sich bewegende Licht, ließen sie alles fallen.
Klick, klack, pffffffft, dann ein Kratzen an der Felswand.
„Zurück!“, rief Noona.
Und die Kinder schafften es gerade noch zurückzuweichen, als die Felswand in sich zusammenfiel. Sie zerbröselte einfach. Und vor ihnen stand ein riesiger Leuchtkäfer mit scharfen Klauen, der sie mit seinen schwarzen runden Augen anstarrte.
Alle waren starr vor Angst, auch Noona.
Dann bewegte sich der Käfer auf sie zu. Vorsichtig tastete er sie mit einem seiner beiden riesigen Fühler ab und entschied dann wohl, dass sie keine Gefahr darstellten. Nun hörten sie ein Quietschen und ein Quatschen und das innere des Käfers schien sich nach außen zu kehren. Er bekam drei humanoide Beine, und zwei humanoide Arme und ein nahezu humanoider Kopf, jedoch mit großen schwarzen Knopfaugen, kam zum Vorschein.
„Friede sei mit euch. Ich bin Tombom. Du brauchst Hilfe?“
Noona brauchte einige Sekunden, um sich zu sammeln. Was war das nur für ein merkwürdiges Wesen? Genauso verwandelbar wie sie selbst! Es leuchtete im Dunkeln, es war freundlich und es beherrschte die Kunst der Metamorphose. Und es war einfach wunderschön!
„Ich bin Noona. Ich bringe diese Kinder in Sicherheit und diesen Mann. Es wird eine Überschwemmung geben, wir müssen weiter nach oben. Aber unten im tiefen Schacht, der spiralförmig zum Wasser führt, da sitzt noch ein Kind, dass ich holen muss. Ich kann nicht beides. Kannst du mir helfen?“
„Das Unwetter. Ich habe es bemerkt. Schlimmer, als alles, was jemals hier auf diesem Planeten passiert ist. Magie. Nicht natürlich. Ich grabe meinen Gang nach oben. Ihr könnt mitkommen. Oben sicher.“
„Was bist du?“, fragte Afra neugierig.
„Ich bin Leuchtkäfer. Sieht man nicht? Ich bin freundlich. Aber Bewohner dieses Planeten uns gejagt und beinahe alle getötet. Sind mit Raumschiff abgestürzt. Oktopus hat uns gefressen. Bekam unsere Merkmale. Du mit uns verwandt.“
Er zeigte mit einem seiner vier Arme auf Noona. Natürlich! Nun verstand sie es. Der Oktopus fraß Lebewesen und nahm ihre Merkmale in sich auf, die er dann gebündelt an die Noonas weitergab. Darum waren sie nahezu unsterblich, konnten sich sowohl an Land, als auch an Wasser bewegen, im Dunkeln leuchten, in der größten Hitze überleben und sehr lange ohne Nahrung auskommen.
„Ich freue mich, Dich kennen zu lernen, Bruder. Wieviele von Euch gibt es noch?“, fragte sie.
„Weiß nicht. Haben uns getrennt. Ist sicherer. Aber nun werden sie alle hierher kommen. Die einzige Stelle, die hoch genug ist. Hoffe, ich treffe sie. Meine Familie. Wartet hier, ich grabe den Gang für euch, dann hole ich die, die in Gefahr ist. Deine Familie?“
Noona war glücklich.
„Wir sind alle eine Familie!“, sagte sie. Dann hörte sie das Klacken und das Zischen. Der Leuchtkäfer ätzte seinen Gang in den Felsen.

So. Nun bin ich wieder im Zeitplan. Jetzt könnte ich mich mal ums recherchieren kümmern, um meine andere Website wieder in Schwung zu bringen (Jammern auf hohem Niveau). Dieses Jahr hat 52 Wochen, ich bin bei Übung 42. Das bedeutet, noch 10 Übungen und theoretisch bin ich mit der Rohfassung durch. Ob dann die Geschichte auch zu Ende ist? Ob ich die Kurve noch kriege? Ich weiß es nicht. Aber es zählt, dass ich nicht aufgebe.