Da ich jetzt 4 Rohfassungen von “Romanen” oder was auch immer es später mal werden wird, bei mir herumliegen habe und einfach nicht weiß, wie “überarbeiten” eigentlich geht, außer dass man Fehler beseitigt und das Ganze besser lesbar macht, habe ich mich nach weiteren Ratgebern umgesehen.
Zunächst hab ich natürlich mal geschaut, was bei mir noch so herum liegt und bin auf “Die Schreibfitness-Mappe” gestoßen. Es gibt dort auch ein paar Seiten zum Thema überarbeiten, von denen ich sofort für mich eine Zusammenfassung geschrieben habe. Bevor man in die Tiefe geht, soll man erst mal den Text schnell durchlesen. Stellen, die stören, wo man beim Lesen hakt oder einem irgendetwas auffällt, soll man nur erst mal markieren. Es ist also klar, dass man das Teil ausdrucken muss. Da ist schon die erste Hürde, weil ich keinen eigenen Drucker mehr habe. Und Hemmungen derart, dass ich denke: “Aber es ist doch noch nicht fertig…”. Wenn ich mal recht überlege, hat mir das ausdrucken und lesen mit Markieren der Stellen, die ich blöd finde, aber auch bei meinen Non-Fiktion-Sachen geholfen, sprich bei meinen Artikeln zu Sachthemen.
Auch soll man einen anderen Platz zum durchlesen wählen, damit man noch mehr Abstand zum Text hat. Das kann ich nachvollziehen, denn ich gerate schnell in die gleiche Denkweise, wenn der Arbeitsplatz immer gleich ist. Ein Platz zum Schreiben – ein anderer zum überarbeiten. Beim ersten Durchgang kann man schon die Lesbarkeit verbessern und grobe Fehler, darf allerdings noch nicht an Formulierungen und die grobe Struktur / den Plot heran. Das war neu. Bei meinem ersten Versuch, einen Text von mir zu überarbeiten, habe ich das auch so gemacht. Ich habe den Text geglättet, sonst alles so gelassen. Ich bin dabei bis zur Hälfte gekommen und war danach immer noch nicht zufrieden.
Warum? Weil man beim Schreibmarathon ja manche Dinge auch schreibt in Hinblick auf die Wortanzahl, um schneller voran zu kommen. Dabei kann es zu tollen spontanen Einfällen kommen, die auch wertvoll sind. Aber wenn man den Text vorher nicht plant, was ich ja erst beim vierten Mal richtig gemacht habe, dann kann auch viel Mist dabei raus kommen und Füllstoff, Details, wo sie nicht hingehören. Und die Geschichte wird unter Umständen in eine Richtung getrieben, wo sie nicht hin sollte. Szenen, die man schon fertig im Kopf hatte, passten einfach nirgendwo rein und sind dann weggefallen, weil die Geschichte im Fluss immer weiter geschrieben wurde. Darum wird man nie zufrieden sein mit dem Ergebnis. Man hatte etwas anderes im Kopf und konnte es nicht einbinden. Zum Glück ist ein echter Roman ja meist länger als 50000 Worte. Es ist also klar, dass die Sachen, die man im Kopf hatte, noch irgendwie in den Text sollen.
Aber das wäre dann keine Überarbeitung in dem Sinne, sondern weiter schreiben der Rohfassung. Ich merke also langsam, dass ich in Wirklichkeit noch keine Rohfassung fertig habe, nur einen ersten Entwurf. Ich muss den Kern meiner eigenen Geschichte erkennen und versuchen, dass, was ich aussagen will, deutlicher zu machen. Es muss außerdem einen Konflikt gegen, einen Höhepunkt, auf den alles zuläuft, Dialoge, Spannung, ein Ziel und Hindernisse und einen richtigen Plot. Soweit so gut.
Beim zweiten Versuch, den ersten Text zu überarbeiten, habe ich gleich mal was Grundlegendes geändert. Statt sich erst noch mit ihrem blöden Freund weiter herum zu quälen, macht sie gleich am Anfang Schluss. Das soll spannender sein. Dadurch ist der Fluss aber zerstört worden und ich war auch damit unzufrieden, hab abgebrochen. Die ganze Geschichte müsste dann neu geschrieben werden und ohne Plan geht das nicht.
Wenn man schon beim schreiben der Rohfassung keinen Plan hat, dann muss man danach einen entwickeln, was man alles drin haben will und wie die Szenen miteinander verbunden sind. Irgendwie. Vielleicht mit Outlines. Ich werde mir bewusst, dass ich die Ratgeber alle noch mal bewusster lesen muss und jede Übung, die ich mache, auf meine Geschichten bezogen sein müssen. Sonst werde ich nie fertig.
In Zukunft werde ich Texte also besser planen, was wieder die Schreibratgeber auf den Plan ruft. Alles in der Hoffnung, dass ich dann nicht so viel überarbeiten muss. Alles, was in dem fertigen Text drin ist, muss einen bestimmten Sinn haben. Man kann kürzen und an anderen Stellen Details einfügen. Aber man muss wissen, warum man das tut.
Vielleicht ist es gut, dass manche Dinge in fast jedem Ratgeber erklärt werden. Da habe ich die Hoffnung, dass es irgendwann auch in meinem Gehirn ankommt und ich es endlich umsetzen lerne.
Die Bücher, die ich jetzt lese sind:
“Grundlagen Kreativen Schreibens” Pia Helfferich
“Schreiben ist nichts für Feiglinge” Hans Peter Roentgen und
“So lektorieren Sie Ihre Texte” von Sylvia Englert.
Bei Peter Roentgen, der erkannt hat, dass viele Autoren bis zur ersten Veröffentlichung Jahre / Jahrzehnte brauchen, stoße ich auf die Aussage, dass man ca. 10000 Stunden Übung braucht, um in einer Sache gut zu werden (so dass andere das auch merken). Ich habe mir dann ausgerechnet, wie lange ich am Tag schreiben müsste (auch Sonntags und Feiertags oder wenn ich krank bin), damit ich es schneller schaffe, richtig gut zu werden: Bei einer Stunde schreiben am Tag würde ich 27 Jahre brauchen, bei 8 Stunden am Tag immer noch über drei Jahre. Das so auszurechnen hilft gegen Aufschieberitis und naive Illusionen vom schnellen Erfolg.
Die Frage ist, ob man mit mehr Wissen (gewusst wie) und mehr zielgerichteter Planung etwas schneller und effektiver sein könnte. Zumal es ja nicht nur ums Schreiben geht, sondern auch um das Wissen darüber, die Planung, die Recherche zum Thema, Rechtschreibung, Weltwissen. Und schließlich hat man ja noch andere Hobbys und muss auch irgendwie Geld verdienen, sodass 8 Stunden pro Tag schreiben gar nicht möglich ist.
Bei meinem Dilemma, durch das Einfügen oder Ändern ganzer Szenen den Schreibfluss zu zerstören und den Überblick gänzlich zu verlieren, hilft vielleicht das Denken in Szenen. Dafür gibt es also die Schriftsteller-Software, mit denen man Lebensläufe seiner Figuren und Szenen planen kann! Ich fand das zum Schreiben immer sehr unübersichtlich, aber vor dem Hintergrund der Überarbeitung und Änderung von Texten macht es dann doch Sinn.
Es ist verzwickt. Immer, wenn ich denke, ich bin einen großen Schritt vorwärts gekommen, merke ich, dass es nur ein winziger Schritt war.