Wie geht es weiter?
Vor allen Dingen, wie geht es weiter, wenn es mal nicht weiter geht? Wie macht man weiter, wenn man nicht mehr weiter weiß? Wenn man nicht darauf kommt, was fehlt? Wenn man sozusagen geistig blockiert ist? Und wo kriegt man die Infos her?
Ich frage mich erst mal, ob ich schon alles probiert habe. Die Antwort ist meistens NEIN, da ich gern Dinge aufschiebe und dann einfach vergesse. Manchmal denke ich Jahrelang, sogar Jahrzehntelang um eine Sache herum und überlege, welche Schritte ich unternehmen könnte, um weiter zu kommen. Aber diese Schritte unternehme ich dann nie. Es kommt immer irgendetwas dazwischen.
Wenn ich doch mal einiges von dem mache, was ich mir vorgenommen habe, dann wundere ich mich sogar darüber, warum das plötzlich passiert ist. Manchmal wundere ich mich, warum ich überhaupt schon mal irgendetwas schaffen konnte. Mich regelmäßig für den nanowrimo anzumelden und bis zum Sieg zu schreiben, hat immerhin auch eine ganze Weile gedauert. Schätzungsweise 6-10 Jahre. Kein Wunder, dass ich meinen ersten Text von 2010 auch noch nicht überarbeitet habe. Aber eine innere Stimme sagt mir, nun wird es langsam zeit.
Hab mich darüber geärgert, dass immer alles so lange dauert bei mir und Ratgeber gelesen. Das WAR hilfreich. Doch meist sind diese Ratgeber nach dem gleichen Schema aufgebaut und beinhalten auch alle das gleiche. Und allgemeine Infos helfen wenig, wenn man auf der Suche nach speziellen Antworten ist. Ich hab also nach Infos zu meinen Schwachstellen gesucht: Überarbeiten, Plot und Struktur. Und zwar im Internet.
Zum Thema Überarbeiten habe ich mich durch einen zufällig gefundenen englischen Text arbeiten müssen. Das Wichtigste, was ich behalten habe ist: überarbeiten kann manchmal auch neu schreiben sein. Diese Info brannte sich in mein Hirn, weil ich schon ahnte, dass das bei mir der Fall sein wird. Ein Text über das Thema “Plot”, brachte mir die Einsicht, dass ich immer noch nicht weiß, wie ich eine bestimmte Idee konsequent durchhalte oder das Beste heraushole, nur weil ein Plot eine Prämisse oder 1-5 Akte haben kann oder aus Anfang, Mittelteil und Schluss besteht.
Ich kaufte “20 Master Plots” von Ronald B. Tobias und nahm mir vor, zu schauen, welcher der vorgestellten Plots so ist, dass er das, was ich in meinem Text ursprünglich ausdrücken wollte, unterstützt. Nachdem ich mich wieder durch viel englischen Text gekämpft hatte, fand ich, dass Plot Nummer 17 am besten passte. Und schon flutschte es mit den Ideen und in meinem Kopf wandern inzwischen die losen Teile alle ungefähr dahin, wo sie vermutlich hin sollen.
Zu wissen, was falsch ist, hat einen einzigen Nachteil. Wenn man schon etwas geschrieben hat, muss man viel Text aufgeben. Die ganze Zeit, das Herzblut und der Gehirnschmalz, den man investiert hat, wandern in die Tonne.
Plot Nummer 17 ist Charaktergetrieben. Schon seit längeren habe ich zum entwickeln von Charakteren nicht nur Vornamens- und Nachnamens-Lexika bei mir stehen, sondern auch zwei weitere englische Schreibratgeber: “45 Master-Charakters”, in dem ich einen weiblichen Charakter fand, der genau passte und “Dynamic Charakters”, wo drin steht, dass es wirklich besser ist, wenn nicht jeder Charakter, über den man schreibt, genauso ist, wie man selbst. Sogar für die wichtigsten Nebenfiguren fand ich passende Charakterisierungen. Ich beginne mich zu fragen, warum Deutsche solche Hilfen so wenig mögen, dass sie gar nicht erst übersetzt werden?
Und zum Thema Struktur fand ich noch etwas im Netz, was mich begreifen lies, dass Kapitel eigentlich nicht beim schreiben helfen, sondern nur beim späteren lesen. Es sind nicht die Kapitel, sondern die Szenen, die einem Text Struktur geben. Immerhin habe ich inzwischen auch etwas gefunden, was bei diesem speziellen Problemen hilft. Und ich weiß jetzt: In einem Kapitel können mehrere Szenen sein. Eine Szene besteht aus dem Ziel, einem Konflikt und einer Katastrophe. Gefolgt von einer Sequel mit einer Reaktion einem Dilemma und einer Entscheidung. Außerdem lese ich noch was über MRUs (Motivation-Reaktion-Units), die mich sehr begeistern. Bald ist es vorbei mit der Strukturlosigkeit. Die Frage ist nur, wie man das schreibt und wie behält man dann den Überblick?
Ich bin glücklich und einen riesigen Schritt weiter. Doch immer noch kann ich mich nicht hinsetzen und anfangen, die Geschichte neu zu schreiben. Warum? Aus Angst, dass es selbst mit diesen Elementen eine neue Art von Wischi-Waschi werden würde. Und mir fehlt die Szenen-Planung.
Kapitel sind nicht wichtig. Sie strukturieren den Text nicht, sondern unterteilen ihn nur, damit man ihn besser lesen kann. Ich komme trotzdem darauf, dass mein Buch 12 Kapitel haben kann: einen Anfang, ein Ende und 10 Kapitel, in denen der Konflikt gesteigert wird. Wo ich das mit dem 10-stufigem Konflikt her habe, hab ich inzwischen leider vergessen. Ich glaub aber, es hatte was mit Drehbüchern zu tun. Aber so kann ich wenigstens die Szenen besser planen. Da die 20 Master-Plots alle Dreiakter sind, muss der Höhepunkt irgendwo in der Mitte sein. Was kann nach dem Höhepunkt denn noch kommen? Ich schätze, dass ich einiges nochmal lesen muss.
Langsam begreife ich, wozu manche Menschen sich Autorensoftware zulegen. Die Gefahr, den Überblick zu verlieren, ist ziemlich groß. Gratis gibt es zum Beispiel ywriter. Das ist eine freie Software, in der man eingeben kann, wer in welcher Szene mitspielt, wo die Szene spielt und natürlich die Szene selbst. Das Problem ist nur, dass man diese Software dann eigentlich fast nie benutzt. Außerdem habe ich noch cuecards als freie Software gefunden, womit man gut Gedanken organisieren kann. Es ist einfacher, aber reicht aus, um eine Struktur zu planen. Und nicht zu vergessen Lexican (gekauft, mit Lizenz), womit man einzelne Notizen sogar verlinken kann. Doch da ich mir vor kurzem erst Edubuntu auf mein Netbook installiert habe und das Netbook für das Schreiben gedacht ist, brauchte ich etwas, was unter Linux läuft. Und möglichst gratis. Zum Beispiel TuxCards und BasKet. Mein Favorit ist bisher BasKet, denn da kann ich nicht nur Kapitel strukturieren, sondern in jedem Kapitel auch einzelne Szenen planen. Zum fertig schreiben ist das allerdings nichts.
Aber so geht es wenigstens weiter. Ich plane die Szenen, bevor ich anfange, alles neu zu schreiben. Dann merke ich, ob was unlogisch ist oder nicht passt und kann es ändern, bevor ich weitere 50000 Worte in den Sand setze. Vielleicht sollte man wirklich zu jeder Szene erst mal nur einen Satz schreiben und dann mehr in die Tiefe gehen. Vielleicht mache ich es irgendwann auf die altmodische Art. Ich schreibe die Szenen auf Karteikarten und verschiebe sie auf einem großen Blatt Papier, erstelle mir so etwas wie ein Poster oder Mind-Map, bevor ich endgültig neu schreibe.
Zwei Dinge hab ich jedenfalls mit Sicherheit über mich gelernt:
Ja, ich KANN unglaublich viele Worte in kurzer Zeit schreiben und habe fast NIE eine Schreibblockade, wie andere Menschen, aber das bedeutet nicht, dass ich später ein fertiges Produkt habe oder dass ich geschrieben habe, was ich schreiben wollte oder das es einen Sinn ergibt.
Und wenn ich Geld ausgebe, obwohl ich noch Sachen im Regal stehen habe, die ich mir noch nicht mal angesehen habe, dann ist das ein Zeichen dafür, dass ich mich gerade unbewusst vor der eigentlichen Arbeit drücken will. Ebenso, wenn ich plötzlich anfange, Sachen zu ordnen oder freiwillig anfange, irgendwas sauber zu putzen.