Was den Materialverschleiß angeht, hat unsere Familie wirklich sehr viel Pech. Nun war es der Ofen, der plötzlich zu stinken anfing. Wir mussten ohne Heizung und bei offenem Fenster schlafen, dass heißt mit Mücken im Zimmer. Und schon hat mich wieder etwas gestochen. Aber wenigstens habe ich keine Rauchvergiftung bekommen. Es stank wirklich bestialisch. Etwas Kopfschmerzen hatte ich, aber wohl nur von der Aufregung. Wie sich herausstellte, war eine Maus in den Ofen gekrochen und alles war voller Ruß.
Gestern bin ich sehr früh ins Bett gegangen und heute sehr früh aufgestanden, darum habe ich nun “Bis zum Nullpunkt des Seins” durchgelesen. Das Buch ist zwischen 1871 und 1908 erschienen. Es ist ganz klar ein Sciencefiction. Es gibt ein Geruchsklavier, die Leute bewegen sich mit fliegenden Vehikeln durch die Luft und es gibt sogar schon so etwas ähnliches, wie das Internet in Form digitaler Plakate. Und sogar so etwas wie Internetmobbing gibt es schon. Diese digitalen Plakate werden gerne mal als öffentlicher Pranger genutzt, so wie heute Facebook und ähnliches.
In der Geschichte geht es um drei Freunde. Ein Chemiker ist mit einer Geruchsklavier-Künstlerin (verheiratet/ verlobt) und beide sind mit einem Dichter / Schriftsteller befreundet, aber mehr sie. Als sie zusammen essen fliegen, kommt es zu einem Streit darüber, ob Kunst etwas wertvolles ist oder nicht. Der Chemiker ist ein nüchterner Denker, der Kunst für überflüssig hält, auch das Musizieren seiner Frau. Dabei ist sie sehr berühmt und gibt Konzerte! Sie ist sehr beleidigt. Sie und ihr Dichterfreund verfassen einen Text, der ihren Verlobten und seine Einstellung verspottet, welcher auf einem öffentlichen Plakat erscheint. Dieser rächt sich dafür, indem er die Chemikalien in dem Geruchsklavier austauscht. Es kommt, wie es kommen muss. Aber vielleicht sollte ich das nicht verraten.
Ist auch egal. Ich habe dadurch einiges gelernt. Ich hätte stundenlang daran gesessen, den Text für das Pranger-Plakat zu formulieren. Kurd Laßwitz macht das aber nicht. Er schreibt einfach statt dessen seitenweise darüber, was die Leute sich dabei gedacht haben, wie das auf sie wirkt, was sie fühlen und so weiter. Die Geschichte besteht eigentlich aus einem sehr dünnen Handlungsstrang. Es gibt drei Orte und drei Personen, die eine Rolle spielen. Man streitet über philosophische Fragen. Eigentlich geht es aber darum, dass zwei Männer um die Zuneigung einer Frau kämpfen. Und das Ganze endet tragisch.
Ich mach mir Dinge zu schwer. Ich packe zu viel in eine Geschichte. Da ich meinen eigenen Sciencefiction nicht wirklich weiter schreiben konnte, obwohl ich heute den ganzen Tag frei hatte, hab ich mir noch mal einen Ratgeber zur Brust genommen. Der ist mal wieder in englisch, weil es da einfach Unmengen an Schreibratgebern gibt. Es geht darum, dass ein professioneller Autor anhand von Blogeinträgen, aus denen er dann ein Buch machte, beschreibt, wie er als Ghostwriter in 10 Tagen eine Auftragsarbeit von ca. 70 Seiten fertig schreibt. Während ich schon kämpfe, meine Datei wenigstens einmal am Tag zu öffnen, setzt er sich mehrmals am Tag daran und hat dann an einem Tag mehr als 7000 Worte geschafft. Er setzt sich acht mal am ersten Tag an seinen Text, um jedes mal nur zwischen 500 und 1000 Worte zu schreiben! Das hat mich sehr erstaunt. Vielleicht wäre das auch was für mich.
Kürzere Texte haben auch die Angewohnheit, konzentrierter und besser zu sein. Viele Pausen halten die Konzentration aufrecht. Ich hab mich dann wieder über mich geärgert. Dann hab ich mir zwei Programme installiert, die zum sortieren von Gedanken und Dokumenten dienen und hab die Kapitelübersicht damit erstellt. Das war auch das erste, was der Ghostwriter in seinem Blogbuch machte. Es sind zwölf Kapitel geworden. Die ersten vier Kapitel dienen nur dazu, die Darsteller und ihr Leben in der Stadt und in der Zukunft vorzustellen. Mir gefällt nämlich nicht, dass sie ja auf eine lange Reise gehen sollen, um die Stadt und die Erde zu retten, ohne das bisher wirklich klar geworden wäre, warum sie dies tun sollten. Was verbindet sie mit der Stadt? Warum hätten sie Heimweh? Was ist so toll an der Zukunft? Wenn ich zu jedem Kapitel nur 10 Seiten schreibe, dann habe ich am Ende 120 Seiten. Das reicht für ein Buch. Und da ich beim aufschieben auch immer hin und her renne, könnte ich ebenso gut Schreibpausen daraus machen. Es muss mir einfach zur Gewohnheit werden, meinen Text zu öffnen, sobald ich mich an den PC setze. Genauso wie es jetzt eine Gewohnheit ist, meine Mails zu kontrollieren, PC-Spiele zu spielen oder bei Facebook irgendwas zu posten.
Wenn ich es so mache, wie oben beschrieben, dann brauche ich auch nicht jeden Tag so viel zu schreiben. Es würde reichen, wenn ich frei habe, mich immer wieder daran zu setzen und jedes Mal zwischen 500 und 1000 Worte zu schaffen. Und vielleicht, wenn ich arbeiten muss, dann halt nur 500 Worte. So könnte ich ziemlich schnell eine ordentliche Rohfassung fertig kriegen. Und es ist nicht so, dass ich jedes Problem beim Schreiben lösen muss. Ich muss auch nicht alles ausformulieren. Ich kann Lücken lassen. Vielleicht sind Lücken ja auch ganz spannend manchmal? Meine Güte, das könnte sogar funktionieren. 500 Worte schaffe ich leicht.
“Eines Tages wird alles gut sein, das ist unsere Hoffnung. Heute ist alles in Ordnung, das ist unsere Illusion.” (Voltaire)