Warum ist der erste Versuch immer so schlecht?

Und warum erkennt man es nicht sofort?

Das frage ich mich wirklich zur Zeit immer wieder und ich bin froh, dass ich die erste Version meines jetzigen Projekts, einen Roman aus dem Nanowrimotext 2010 zu machen, nicht irgendwohin gesendet oder gar veröffentlicht habe. Ich hatte das Potenzial der Idee noch gar nicht voll ausgeschöpft.

Einmal lag das natürlich daran, dass es beim Schreibmarathon in erster Linie darum geht, die Wortanzahl zu schaffen. Ich habe zwar schon mal gehört, dass andere das ganze Jahr über für einen Schreibmarathon planen und dann im November alles ausformulieren, aber das kam mir immer wie Betrug vor. Ich hätte es ohnehin nicht geschafft, mich an meine eigene Planung dann auch zu halten.

Nun weiß ich, dass es kein Betrug ist. Sicher, beim Schreiben kommen auch gute Ideen, dafür gibt es kreative Schreibübungen noch und nöcher. Aber bevor man die Rohfassung schreibt, muss man wissen, was man schreiben will. Und zwar nicht nur so ungefähr. Wie sonst sollte man sich überlegen können, mit welchen Techniken man Spannung erzeugt und Emotionen in den Text bringt?

Ja richtig, es gibt Techniken, die man erlernen und anwenden kann, die den Text besser machen. Dann ist zwar der Zauber weg, der einen am Ende eines Schreibmarathons fragen lässt: “Huch, was hab ich denn da wieder geschrieben?”, aber dafür hat man über den Inhalt auch viel bessere Kontrolle und logische Fehler kommen nicht so oft vor. Ganz soweit bin ich leider noch nicht, aber die Lektüre von Schreibratgebern wird langsam zur Gewohnheit und hinterlässt Spuren. Das hoffe ich zumindest.

Zum Glück habe ich alles eine Weile liegenlassen und weiter darüber nachgedacht.

Zugegeben habe ich dann später mehr über andere Projekte nachgedacht, zum Beispiel über die Texte, die ich bei den darauf folgenden Schreibmarathons zustande gebracht hatte, aber das war auch wichtig, weil ich einige der neuen Ideen nun in diesen Text integrieren kann. Vorher war die Geschichte unlogisch und langweilig und voller eigener unverarbeiteter Probleme, die beim Schreiben mit raus gekommen sind. Die Heldin saß ganz lange am Fenster und schaute raus, ging zur Therapie, um über belangloses Zeug zu reden, erlebte dies und das und so konnte ich nichts davon einbauen, was mir im Kopf herumflog, als ich es schrieb. Und das ist frustrierend. Jetzt habe ich einen fast perfekten Plotplan, bei dem nur noch einige Dinge fehlen, bis ich genau weiß, wer in der Geschichte wann, warum, was macht. Und das ist gut, denn nur so kann ich überlegen, wie ich es schreiben will, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen.

Nur zu planen bringt allerdings auch irgendwann Stillstand. Zwischendurch muss ich mal wieder ab und zu versuchen, an einigen Szenen zu arbeiten, denn nur dabei fallen mir dann Lücken und logische Ungereimtheiten auf. Leider nicht vorher. Und wie schlecht der erste Versuch war, merke ich auch erst jetzt. Zu viele Leute tun gar nichts. Zu viele Dinge, die ich mir zuvor vorgestellt habe, sind nicht im Text. Dafür sind zu viele Dinge im Text, die gar nicht mehr passen, wenn alles einen Sinn ergeben soll. Auch nimmt ein Plot keine Rücksicht darauf, wen man etwas machen lassen möchte. Wenn diese Person in der Zeit schon etwas anderes macht oder die Handlung für diese Person schlicht unlogisch ist, muss man eben alte Ideen aufgeben und etwas umstellen.

Man sollte seine Texte also nicht wie wertvolle Schöpfungen behandeln, die man zerstört, sobald man etwas daran verändert, sondern wie Modelliermasse. Dann fällt es vielleicht leichter, zu verstehen, dass man erst mal wissen muss, was es werden soll, bevor man anfängt, daran herum zu kneten.

Da ich in der letzten Zeit wieder keine Szenen geschrieben habe, sondern nur Ideen zum Plot notiert habe, bin ich gerade damit beschäftigt, möglichst alles umzutragen und meinen Plotplan vollständig zu machen. Dabei bin ich einen wichtigen Schritt vorwärtsgekommen. Die Reihenfolge, in der die Dinge passieren, ist aber immer noch nicht ganz klar. Ich habe einige gute Szenen im Kopf und weiß einfach nicht, welche chronologische Abfolge dafür logisch sein könnte und wie ich von A nach B kommen soll. Vielleicht sind es auch zu viele Leichen für die Geschichte, die ich schreiben will?

Den Leerlauf, wenn ich keine Szenen schreibe, fülle ich oft mit dem Lesen von Schreibratgebern und dabei kommen mir oft sehr gute Ideen, wie ich aus bestimmten Sackgassen wieder heraus komme. Die Antwort ist meistens, jemand anders muss etwas tun, als ich es ursprünglich geplant hatte. Ich merke oft, dass die Geschichte wirklich am besten funktioniert, wenn die Heldin auch die wichtigsten Dinge tut, sagt, beobachtet und fühlt. Und vieles funktioniert nicht, wenn ich zu früh zu viel über die Hintergründe und Motivation der Darsteller verrate. Das ist später beim Schreiben wichtig.

Zur Zeit lese ich auch “story tells, story sells” und hoffe, dass es mir mehr darüber verrät, wie man die Struktur eines Plots aufbaut und dabei den Überblick behält. Ich hatte schon einige gute Ideen und Lichtblicke beim Lesen.

Bild Baum v